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Aktuelle Risiken in der Unternehmens- und Betriebsobjektbewertung

(Bild: © ArLawKa – stock.adobe.com)

Aktuelle Risiken in der Unternehmens- und Betriebsobjektbewertung

01. Juli 2024

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6 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Stefan Chlebnicek, Akad. VersMaklerWU, Risk Experts Risiko Engineering GmbH, über die größten Herausforderungen für Versicherungsmakler beim Versichern von Gewerbebetrieben, wie sich die Komplexität der Risikobewertung für Unternehmen verändert hat und was ein Versicherungsmakler tun kann, um Haftungsfallen zu vermeiden.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 01.07.2024

Aktuelle Risiken in der Unternehmens- und Betriebsobjektbewertung

Stefan Chlebnicek, Akad. VersMaklerWU; Risk Experts Risiko Engineering GmbH

Die Risikolandschaft von Gewerbebetrieben ist nicht statisch, sondern gestaltet sich zunehmend dynamisch. Technologische Entwicklungen, Änderungen in der Gesetzgebung, Anforderungen an Nachhaltigkeitskriterien und die damit verbundenen wirtschaftlichen Schwankungen sowie diverse andere äußere Einflüsse können die Risikolage eines Unternehmens rasch verändern und den Wirkungsgrad bestehender Konzepte im Risiko- und Versicherungsbereich aushebeln. Die Entwicklung der Komplexität von Abläufen und Abhängigkeiten in Gewerbebetrieben erfordert laut Stefan Chlebnicek neben dem Fachwissen vorgelagert analytische Fähigkeiten und Branchenkenntnisse: „Als Makler muss man nicht nur die einzelnen Versicherungssparten gut kennen, sondern auch verstehen, wie diese ineinandergreifen und sich ergänzen. Nur so kann ein umfassender Schutz geboten und die Gefahr des 'Übersehens' vermindert werden.“

In Chlebniceks Augen ist die größte Herausforderung, der sich ein Versicherungsmakler stellen muss, stets „up to date“ zu sein: „Also das kontinuierliche Verfolgen aktueller Entwicklungen in unterschiedlichen Bereichen und die Anpassung des Deckungskonzeptes an die gegenwärtigen Bedürfnisse der Klienten (vgl. §28 Zi 1+7 MaklerG). Versicherungsmakler werden immer stärker als Risikomanager wahrgenommen bzw. sollten sich so positionieren. Neben dem Anbieten von Versicherungsprodukten steht dann das Konzipieren von Lösungen zur Risikoprävention und -bewältigung im Vordergrund. Dafür sind allerlei Informationen erforderlich, die eingeholt, analysiert und interpretiert werden. Zudem existieren unzählige Regulatorien, die sich ähnlich wie Karnickel rasend schnell vermehren und einen damit verbundenen administrativen Aufwand verursachen, der schlichtweg die Zeit für Risikomanagement auffrisst. Und damit ergibt sich eine große Herausforderung – die Haftung für fehlerhafte Beratung aufgrund mangelnder Informationen und Zeitmangel.“

Moderne Risikobewertung für Unternehmen

Die Komplexität der Risikobewertung für Unternehmen hat sich verändert. So sind Unternehmen laut Chlebnicek vernetzter, internationaler, und die damit verbundenen Abhängigkeiten sowie die sich daraus ergebenden Anforderungen im Rahmen von Lieferketten nehmen mit zunehmendem Tempo zu. Bei Risk Experts stehen derzeit folgende zentrale Herausforderungen im Fokus:

  • Unternehmen müssen ihre betrieblichen Prozesse für Nachhaltigkeitsanforderungen (ESG) anpassen und in Immobilien sowie Maschinen investieren, um in globalen Lieferketten konkurrenzfähig zu bleiben.
  • Geopolitische Unruhen in Regionen wie Russland/Ukraine und Israel/Gaza beeinflussen direkt ausländische Produktionsstandorte und erfordern flexible Risikomanagementstrategien.
  • Die zunehmende Abhängigkeit im Cyber-Bereich durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz stellt Unternehmen vor wachsende Sicherheitsherausforderungen. Regulatorische Vorgaben wie NIS2 und die RKE-Richtlinie verstärken die Anforderungen an die Cyber-Sicherheit, besonders für Unternehmen in kritischen Sektoren wie Energie, Finanzen und Lebensmittel.

Herausforderungen bei der Bewertung von Betriebsobjekten

Die Einschätzung eines Betriebsobjekts sei, so Chlebnicek, insbesondere nach den Inflationsjahren und Problemen in den Lieferketten besonders wichtig geworden. Es bestehe die Gefahr der Unterversicherung aufgrund der unzureichenden Indexanpassung, die die stark gestiegenen Kosten für Bauleistungen und Materialien nicht vollständig kompensieren konnte. „Auch die gestiegene Dauer für die Wiederherstellung bzw. -beschaffung nach einem Schaden ist mittlerweile kein latentes Problem mehr und muss bereits im Versicherungskonzept berücksichtigt werden. Um böse Überraschungen im Schadenfall zu vermeiden, braucht es die regelmäßige Bewertung, damit im Bedarfsfall die entsprechenden Anpassungen vorgenommen werden und die Versicherungslösung den tatsächlichen und aktuellen Anforderungen gerecht wird.“

Haftung und Risiken bei der Bewertung von Betriebsgebäuden in der Versicherungspraxis

In der Praxis gibt es oft große Unterschiede zwischen dem versicherten Wert eines Betriebsgebäudes und dem Neubauwert, für den der Versicherungsnehmer verantwortlich ist. Trotzdem werde der Makler laut Chlebnicek häufig für diese Differenzen verantwortlich gemacht, auch wenn er korrekt gehandelt hat. Besonders problematisch werde es, wenn der Makler seine Kunden nicht auf Veränderungen in der Wertentwicklung hinweist, die über den jährlichen Index hinausgehen: „Alles richtet der jährliche Index nicht. Ein Vertrag, der vor fünf Jahren abgeschlossen und seither nicht aktualisiert wurde, kann im Schadenfall ein Thema werden. Gleiches gilt natürlich für die Technisch/Kaufmännische Betriebseinrichtung. Haftung ist die eine Sache, die Folgen einer falsch festgesetzten Versicherungssumme eine andere. Auch wenn man dem Makler kein Fehlverhalten vorwerfen kann, bleibt der Umstand bestehen, dass der Versicherungsnehmer im Schadenfall uU. nicht die benötigte Leistung erhält, was die Beziehung strapazieren wird.“ Um nicht in die Haftung zu kommen, müssen Versicherungsmakler laut Chlebnicek klar definieren, welche Aufgaben zu ihren Tätigkeiten gehören und diese Abgrenzung schriftlich mit den Kunden festhalten. „Auf keinen Fall sollte man den Eindruck vermitteln, dass man den Wert professionell ermitteln kann, wenn das nicht der Fall ist. Hier lohnt es sich, Partner wie Risk Experts zu involvieren und sich, bspw. angegebene Werte plausibilisieren zu lassen.“

Das gesamte Interview lesen Sie in der AssCompact Juli-Ausgabe!

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