„Doppelversicherungen sind unerwünscht, weil sie bei doppelter Prämie nur einmal die Entschädigung auszahlen“, schreibt Schadenexperte Dr. Wolfgang Reisinger in der nächsten AssCompact-Ausgabe. Rechtsprechung und Lehre seien sich außerdem nicht immer über die Konsequenzen einig. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in einem Urteil nun Klarheit geschaffen.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 26.04.2017
Im konkreten Fall ging es um einen Facharzt für Unfallchirurgie, der wegen eines Behandlungsfehlers haftbar gemacht wurde. Die Haftpflichtversicherung des Krankenhauses, in dem er angestellt war, bezahlte rund 360.000 Euro an den Geschädigten. Allerdings war der Arzt selbst auch noch bei einem anderen Versicherer haftpflichtversichert. Dieser wurde vom Krankenhausversicherer nun aufgefordert, 180.000 Euro der Entschädigung zu begleichen. Außerdem solle er dazu verpflichtet werden, die Hälfte aller zukünftigen Schadenersatzzahlungen und Regressforderungen zu ersetzen. Das Risiko der Tätigkeit des Arztes sei im Sinne des § 59 VersVG doppelt versichert gewesen.
Der Arztversicherer argumentierte hingegen: Eine Doppelversicherung könne höchstens in jenem Schadensausmaß gegeben sein, das vom behandelnden Arzt persönlich zu vertreten wäre, sodass das Dienstnehmerhaftungsprivileg anzuwenden sei. Diese Ansicht teilten weder die Vorinstanzen noch der OGH (7 Ob 165/16i), der dem klagenden Krankenhausversicherer Recht gab.
Krankenhausversicherer hat Anspruch auf Ersatz
Was das Haftpflichtrisiko des Arztes betrifft, seien dasselbe Interesse und dieselbe Gefahr doppelt versichert. Beide Versicherer müssen Haftpflichtansprüche des Patienten gegenüber dem Arzt ersetzen. Nachdem bisher der Krankenversicherer die Entschädigung geleistet habe, stehe ihm unstrittig ein Ausgleichsanspruch zu. Der schadenersatzrechtlichen Beurteilung und damit der Belastung eines Versicherers gegenüber dem anderen komme hingegen keine Bedeutung zu, weil sie weder mit dem versicherten Interesse noch mit der versicherten Gefahr zu tun habe und so vom Gesetz nicht vorgesehen sei.
„Gefestigte Judikatur“
Der OGH bezog sich in seiner Entscheidung auf ein früheres Urteil (7 Ob 52/02a) zu einem identen Sachverhalt. Bereits damals wurde festgehalten: Die Rückgriffsregelung des § 59 VersVG solle, so Reisinger, verhindern, dass durch Gläubigerwillkür (nämlich durch das Belieben des Geschädigten) bestimmt werde, welcher Gesamtschuldner das zur Befriedigung erforderliche Opfer aufzubringen habe. Andererseits ließe sich laut Rechtsexperten vorbringen, dass die Doppelversicherung nur für jenen Anteil bestehe, für den der behandelnde Arzt nach dem Dienstnehmerhaftpflichtgesetz zu haften habe. „Diese Ansicht wurde vom OGH nicht geteilt, sodass nunmehr von einer gefestigten Judikatur auszugehen ist“, so Reisinger.
Den gesamten Artikel von Dr. Wolfgang Reisinger lesen Sie in der AssCompact Mai-Ausgabe.
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