Wenn Schimmelschäden aus der Leitungswasser-Versicherung ausgeschlossen werden, sei das potenziell gröblich benachteiligend für Kunden. Das sprach der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) in einem Rechtsstreit aus, der auch für Österreich interessant ist.

Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 01.06.2018
Die Kläger versicherten ihr neu erbautes Wohnhaus im September 2006 gegen Schäden durch Leitungswasser. Vom Versicherungsschutz nicht umfasst waren laut Bedingungen (VGB 2001) Schäden durch Schlamm oder Schimmel, ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen. Zwei Jahre später stellten die Bewohner fest, dass der Küchenboden aufgrund einer undichten Kaltwasserleitung durchfeuchtet war. Die Versicherung bezahlte zwar die Behebung der Undichtigkeit und die Trocknungskosten, nicht aber die Kosten für die Sanierung des verschimmelten Estrichs.
Die Deckungsklage wurde in erster und zweiter Instanz abgewiesen, der BGH verwies den Fall an das Berufungsgericht zurück. Die Höchstrichter hielten den Ausschluss von Schimmelschäden in der Leitungswasserschadenversicherung potenziell für gröblich benachteiligend.
Ausschluss könnte Vertragszweck infrage stellen
Eine Leistungsbegrenzung, die jede Leistung auch für typische Folgen eines längere Zeit unentdeckt gebliebenen Leitungswasserschadens ausschlösse, löse sich vom Leistungsversprechen, das eine Kostenerstattung für solche Folgeschäden grundsätzlich einschließe. Sie greife zudem in die zentralen Leistungserwartungen des Versicherungsnehmers in erheblicher Weise ein und betreffe sein Bedürfnis, sich gegen solche Gefahren zu versichern, bei denen die abstrakte Möglichkeit besteht, dass sie bei der Mehrzahl der Versicherungsnehmer eintreten.
Dies führe zu einer einseitigen Begünstigung des Versicherers und zugleich zu einer Vernachlässigung des berechtigten Interesses des Kunden, gerade für solche Schäden Versicherungsschutz zu erhalten, für die er die Versicherung nimmt. Darin liege ein so wesentlicher Eingriff in die Rechte des Kunden, dass der Vertragszweck partiell ausgehöhlt sei.
Berechtige Erwartungen des Kunden
Ob Schimmelschäden typische Folgen von Leitungswasserschäden sind, hat nun das Berufungsgericht wird mithilfe von Sachverständigen zu klären. Der BGH konnte diese Feststellung nicht treffen, da er ebenso wie der Oberste Gerichtshof (OGH) nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist. Seine Ausführungen können aber auch für Österreich interessant sein, führt die Rechtsservice- und Schlichtungsstelle im Fachverband der Versicherungsmakler (RSS) aus. Denn auch hier stellen die berechtigten Deckungserwartungen des Versicherungsnehmers den Kontrollmaßstab für die Inhaltskontrolle von Versicherungsbedingungen nach dar.
Der BGH hielt außerdem fest, dass der Kunde aufgrund der Bedingungslage nur den Schaden innerhalb des zeitlichen Deckungsbereiches erkennen müsse. Dass möglicherweise die Ursache bereits in der fehlerhaften Verlegung des Rohres vor Abschluss der Versicherung gelegen ist, müsse demnach nicht berücksichtigt werden. „Entscheidend ist hier die Definition des Versicherungsfalles, die aber in österreichischen Bedingungen zumeist deutlicher ist“, so die RSS abschließend.
Quelle: RSS/Fachverband der Versicherungsmakler
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