„Corona“ hat uns nach wie vor im Griff. Um die Versicherungsproblematik der Betriebsschließungen und -unterbrechungen ist es dabei still geworden. Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Rechtsanwaltskanzleien, Maklerbüros und Versicherungsunternehmen weiterhin intensiv damit beschäftigt sind. Gerichtliche Entscheidungen stehen allerdings in Österreich noch aus. In Deutschland liegt zur Thematik der Betriebsschließung eine erste Stellungnahme eines Instanzengerichtes vor.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 19.08.2020
Von Reinhard Jesenitschnig, C:M:S Maklerservice GmbH (Foto)
Das OLG Hamm hat in seinem Beschluss vom 15.07.2020 (20 W 21/20 Landgericht Essen) eine auch für uns interessante Frage beantwortet. In den zur Diskussion stehenden Versicherungsbedingungen findet sich eine Aufzählung der versicherten Krankheiten, wobei die Inhaberin einer Gaststätte als versicherte Anspruchstellerin diese Aufzählung als eine „dynamische“ ansah. D. h., ihr zufolge seien auch zukünftige, nicht in der Aufzählung enthaltene Krankheiten, wie eben der Corona-Virus, vom Versicherungsschutz umfasst. Sowohl das Landgericht Essen als auch das OLG Hamm verwiesen jedoch auf den Wortlaut der Versicherungsbedingungen, wonach „nur die im Folgenden aufgeführten“ Krankheiten unter Versicherungsschutz fallen. Dem Gericht zufolge lasse diese Formulierung in Zusammenhang mit der nachfolgenden Auflistung der Krankheiten für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer keinen Zweifel aufkommen, dass der Versicherer nur für diese benannten Gefahren Deckung geben möchte. Formulierungen, die auf eine dynamische Auslegung schließen lassen, wie „beispielsweise“ oder „unter anderem“, fehlen, so dass der Aufzählung in den Versicherungsbedingungen eine abschließende Wirkung zukommt.
Ähnliche Diskussion in Österreich
Eine ähnliche Diskussion, abgesehen von allen anderen Parametern, wurde und wird auch bei uns in Zusammenhang mit den Versicherungsbedingungen zur „Seuchen-BU“ geführt. Alle am Markt gängigen Versicherungsbedingungen enthalten im Artikel 1 eine Aufzählung der als “Seuchen“ geltenden und damit unter Versicherungsschutz fallenden Krankheiten. Auch bei uns wurde zur Hoch-Zeit der Diskussionen im März und April d. J. die Frage aufgeworfen, ob diese Aufzählung „dynamisch“ zu sehen sei. Sie wird wohl auch bei uns in gleicher Weise beantwortet werden, auch wenn unsere Seuchen-Bedingungen nicht die scharfe und eindeutige Formulierung „nur“ enthält. Lediglich in den Zusatzbedingungen (Seuchen-Betriebsunterbrechung) eines österreichischen Versicherers fand der Verfasser die Formulierung „Seuchen im Sinn dieses Risikos sind beispielsweise folgende Krankheiten“.
Viele andere, nach wie vor offene Fragen zum Thema „Betriebsunterbrechung“ sorgen jedenfalls weiterhin für Spannung, im Hinblick auf die bisherige und eingangs erwähnte derzeitige Entwicklung wohl noch auf eine längere Zeit hin.
Titelbild: ©sdecoret - stock.adobe.com
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