Der Verlauf des Klimabarometers (inkl. seiner Teilkomponenten Lage und Erwartungen) zeigt einen massiven Abschwung vor allem bei den Erwartungen. Inflation, steigende Zinsen und die Unsicherheiten, die der Ukraine-Krieg noch mit sich bringen kann, drücken auf die Stimmung der Unternehmen. Die Zeichen stehen auf den Beginn einer Rezession mit stark steigenden Insolvenzzahlen. So das Ergebnis der Creditreform KMU Umfrage Österreich im Herbst 2022.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 17.11.2022
Die Creditreform Wirtschaftsforschung hat im Herbst 2022 an die 1.400 österreichische Klein- und Mittelunternehmen nach der aktuellen Wirtschaftslage und den Ausblicken für die kommenden sechs Monate befragt. Die österreichischen KMU beurteilten in den letzten sechs Monaten ihre Geschäftslage aufgrund des Postcorona-Aufschwungs noch positiv. Die Geschäftserwartungen sind aber bei weitem pessimistischer als noch im Herbst 2021 oder im Frühling 2022.
Handel am pessimistischsten
In drei von vier Hauptwirtschaftsbereichen (Verarbeitendes Gewerbe/Industrie, Bau und Dienstleistungen) ist der Index noch leicht positiv. Im Handel hat sich der Erwartungsindex aber bereits in den negativen Bereich (-5,5 Indexpunkte) gedreht. Überall zeigt sich ein Abwärtstrend, sodass der Erwartungsindex mit 1,2 Punkten nur mehr knapp positiv ist.
Auftragserwartungen brechen ein
Die Auftragslage der mittelständischen Unternehmen hat sich nach der starken Erholung im Zuge der V-förmigen Konjunkturentwicklung 2020/2021 wieder stark in den negativen Bereich gedreht. Die Auftragsbücher sind aktuell bei manchen Unternehmen noch gut gefüllt, aber die Erwartungen fürs kommende Jahr sind düster. Der Saldo aus steigenden und sinkenden Auftragserwartungen notiert mit minus 29,0 Punkten erstmals seit zwei Jahren wieder im negativen Bereich und erreicht das Niveau des Corona-Höhepunkts. Die mittelständischen Unternehmen erwarten aber angesichts der zahleichen Konjunkturunsicherheiten in den kommenden Monaten keine Belebung ihrer Auftragsentwicklung.
Alle Wirtschaftssektoren sind pessimistisch beim Blick auf die nächsten Monate. Von einem rückläufigen Auftragsgeschehen gehen beispielsweise im Handel 44,5% aus. Auch das Verarbeitende Gewerbe und der Dienstleistungssektor äußerten sich mehrheitlich pessimistisch zur Auftragslage in den kommenden Monaten (37,4%).
Ertragslage weiter angespannt
Die Auf-und-Ab-Bewegung erfolgt auch bei den Erträgen der Unternehmen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit dürfte sich die Ertragslage im Mittelstand in den nächsten Monaten weiter verschlechtern. Darauf deuten jedenfalls die Ertragserwartungen der Unternehmen hin. Negativ dürften sich die steigenden Kostenbelastungen bei der Energie auswirken sowie auch eine abnehmende Konsumnachfrage. So rechnen auch nur 18,5% der Befragten mit Gewinnsteigerungen. Im Vorjahr zeigten sich noch 36,1% der befragten Unternehmen optimistisch. Ertragsrückgänge erwarten 41,3% der Befragten (Vorjahr: 14,6%). Der Erwartungssaldo rauschte daraufhin unter die Nulllinie (minus 22,8 Prozentpunkte), erreichte aber nicht wieder das Niveau des Corona-Jahres 2020 (minus 35,2 Prozentpunkte).
Pessimistisch sind die Ertragswartungen vor allem im Handel. 51,6% der Unternehmen rechnen hier mit sinkenden Erträgen. Auch im Dienstleistungsgewerbe sowie im Baugewerbe stieg der Anteil der Unternehmen, die Ertragseinbußen befürchten, massiv an. Ertragssteigerungen könnten vermehrt noch im Dienstleistungsgewerbe vorkommen, wo 28,6% der Befragten dieser Einschätzung waren.
Weitere Explosion der Preise
Der Mittelstand dürfte die Angebotspreise auf breiter Front erhöhen. Überdurchschnittlich häufig wurden Preissteigerungen von den Unternehmen aus dem Dienstleistungsgewerbe angekündigt (63,9%), gefolgt vom Handel (59,4%). Gleichzeitig hat fast jedes zehnte Handelsunternehmen (9,4%) Preissenkungen geplant, um die Kunden nicht vollends zu verprellen. Angesichts der steigenden Kosten verdeutlicht das die schwierige Situation der Branche.
Sinkende Erträge dämpfen Investitionen
Die Investitionstätigkeit im Mittelstand nimmt weiter ab. Nachdem der Anteil der investierenden Firmen bereits im Vorjahr zurückgegangen war, hat sich dieser Trend nun fortgesetzt. Dabei dürften die pessimistischen Konjunkturprogosen für das kommende Jahr sowie wieder anziehende Kreditzinsen die Investitionspläne der Unternehmen vermiesen. Der Anteil der Unternehmen, die Investitionen durchführen wollen, ist auf 41,7% zurückgegangen (Vorjahr: 42,8%).
Stärker als im Vorjahr sind bei den Unternehmen Ersatzinvestitionen vorgesehen (68,3% der Befragten). Erweiterungsinvestitionen planen hingegen nur noch 46,2%, nachdem es im Vorjahr noch 61,2% waren. Rationalisierungsinvestitionen stehen bei 42,5% auf der Agenda. Hierbei dürfte es in den nächsten Monaten einen steigenden Bedarf geben (insbesondere im Verarbeitenden Gewerbe), was möglicherweise Energieeinsparungen betrifft.
Insolvenzen im Kredit- und Versicherungsgewerbe um fast 91% gestiegen
Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen hat sich in den ersten drei Quartalen 2022 verdoppelt. Ausgelöst wurde dieser Anstieg von den Nachwirkungen der Corona-Krise, die die Finanzlage vieler kleiner und mittlerer Unternehmen geschwächt hat. Zudem war die Aussagekraft der letztjährigen Insolvenzzahlen durch die Vielzahl von Maßnahmen zur Stützung notleidender Unternehmen und rechtlicher Änderungen eingeschränkt. Insolvenzen sind in der Regel ein „nachlaufender“ Indikator. So mussten zwischen Jänner bis September 2022 insgesamt 3.710 Unternehmen Insolvenz anmelden. In Vergleichszeitraum 2021 waren es 1.861 Fälle (plus 99,4%).
Am stärksten erhöht haben sich die Insolvenzen bei den „sonstigen“ Branchen (plus 185,4%), gefolgt vom Handel (plus 113,4%) und den unternehmensnahen Dienstleistungen (plus 105,1%). Das Kredit- und Versicherungsgewerbe verzeichnete einen Anstieg um 90,9%.
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