Ein Rechtsanwalt machte als Kläger in eigener Vertretung Amtshaftungsansprüche gegen die Republik Österreich gerichtlich geltend. Von seiner Rechtschutzversicherung begehrte er die Deckung für diesen Prozess. Nachdem die Rechtschutzversicherung vorerst die Deckung bestätigte, lehnte sie in weiterer Folge die Deckung ab und stützte sich auf eine vertragliche Leistungsfreiheit.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 07.06.2022
Wie ist die Rechtslage?
Im vorliegenden Fall stellte sich die Frage, ob die Rechtsschutzversicherung an ihre ursprüngliche Deckungszusage gebunden ist. Die höchstgerichtliche Rechtsprechung unterscheidet zwischen einem deklarativen und einem konstitutiven Anerkenntnis. Ein deklaratives Anerkenntnis ist eine bloße “Wissenserklärung”, die nicht zu einer rechtsgeschäftlichen Verpflichtung führt. Ein konstitutives Anerkenntnis hingegen ist eine Erklärung, mit der Unsicherheiten beseitigt werden sollen und daher einen neuen selbständigen Verpflichtungsgrund entstehen lassen.
Der Oberste Gerichtshof stellte in seiner Entscheidung 7 Ob 83/21p vom 24.11.2021 fest, dass die Frage, ob ein deklaratorisches (unechtes) oder konstitutives (echtes) Anerkenntnis vorliege, durch Auslegung des Parteiwillens im Einzelfall zu ermitteln sei. Dabei seien vor allem die mit dem Anerkenntnis verfolgten Zwecke, die beiderseitigen Interessenlagen und die allgemeine Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses maßgebend. Ein konstitutives Anerkenntnis könne sich aber auch nur auf den Teil einer Forderung oder deren Höhe oder allein auf den Anspruchsgrund beziehen. Im Zweifel gelte ein Regulierungsanbot nicht als eigenes konstitutives Anerkenntnis des Versicherers. Im konkreten Fall hätte die Versicherung nach einem Streit über ihre Deckungspflicht und in Kenntnis aller relevanter Umstände – insbesondere auch jener Umstände, mit der sie im Nachhinein ihre Leistungsfreiheit begründet habe, die Deckung zugesagt. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach im konkreten Einzelfall somit ein konstitutives Anerkenntnis vorliege, sei laut Obersten Gerichtshof vertretbar und nicht korrekturbedürftig.
Schlussfolgerung
Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch: „Der Oberste Gerichtshof bestätigte somit, dass entgegen der Grundregel nach § 158n Abs 1 VersVG, im Einzelfall eine Deckungszusage eines Rechtschutzversicherers durchaus ein konstitutives Anerkenntnis darstellen und den Versicherer somit binden könne. Diesbezüglich kommt es jedoch immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Bestand vor der Deckungszusage des Versicherers bereits ein Streit über die allfällige Deckung, ist die Deckungszusage des Versicherers wohl regelmäßig so zu verstehen, dass diese die vorhandenen Unsicherheiten beseitigen soll und somit einen selbständigen Verpflichtungsgrund entstehen lässt.“
Foto oben: Dr. Roland Weinrauch (Foto), Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte: https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Titelbild: ©Daniel – stock.adobe.com
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