Vor wenigen Wochen wurde die Fusion von ERGO Austria und D.A.S. rechtswirksam. Was dabei die größten Herausforderungen waren und welche Benefits für das Unternehmen und die Vertriebspartner durch die Transaktion entstanden, berichtet Dr. Philipp Wassenberg, Vorstandsvorsitzender der ERGO Versicherung AG.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 30.10.2023
Für Philipp Wassenberg ist das Schwierigste an solchen Projekten, dass gleichzeitig die Betriebe weiterlaufen müssen – und wenn möglich, sogar noch besser: „Dazu haben wir Anfang des Jahres einen gemeinsamen Vertrieb geschaffen und dabei getestet, wie es funktionieren kann, dass unsere beiden Unternehmen gemeinsam schneller und besser laufen. Eine Herausforderung, die wir recht gut gemeistert haben.“
Eine weitere Herausforderung war es laut Wassenberg zwei Unternehmenskulturen, die doch sehr unterschiedlich sind, zusammenzuführen: „ Einerseits ein Monoliner, der seit langer Zeit Platzhirsch auf dem österreichischen Rechtsschutzmarkt ist, andererseits ein mittelgroßer Multikanal-Versicherer. Wir mussten die Standortfrage, nicht nur für die verschiedenen Vertriebsstandorte, sondern auch für die Hauptstandorte klären. Außerdem durften wir die Frage des Rebrandings nicht aus den Augen verlieren – und natürlich weiterhin unseren starken Kundenfokus leben.“
Benefit: Verbesserter Marktzugang
Der größte Benefit der Ergo-D.A.S.-Transaktion ist für den Vorstandsvorsitzenden der verbesserte Marktzugang: „Es gibt jetzt sowohl für unsere Rechtsschutz-Teams, als auch für die Rechtsschutz-Produkte einen wesentlich größeren Marktzugang über bestehende ERGO Kanäle, beispielsweise die Bankenvertriebsschiene. Gleichzeitig ergibt sich aber auch über die Maklerschiene im Firmen-Rechtsschutz ein größerer Zugang für den Kompositvertrieb der ERGO, insbesondere für Schaden-/Unfall- Produkte.“
D.A.S bleibt als Marke bestehen
Auch der D.A.S. Rechtsschutz soll laut Wassenberg langfristig als Marke bestehen bleiben: „Die Marke D.A.S. ist seit 66 Jahren im Markt stark vertreten. Sie gilt als Original im Rechtsschutz. Sie hat ein äußerst positives Image, hohe Bekanntheit und sowohl auf der Vertriebs- als auch auf der Kundenseite einen hohen Vertrauenswert. Deshalb haben wir uns entschieden, dass wir die Marke D.A.S. Rechtsschutz als Produktmarke der ERGO weiterführen. Wir haben uns auch vorgenommen, weiter als spezialisierter Rechtsschutz-Versicherer zu operieren und aufzutreten und die Vorreiterstellung des D.A.S. Rechtsschutzes auf keinen Fall aufzugeben.“
Unabhängigkeit des Rechtsschutz-Produkts bleibt aufrecht
Die Transaktion selbst wurde so Wassenberg von den Vertriebspartner sehr gut aufgenommen: „Die Reibungslosigkeit, mit der sowohl unsere Kundenbestände als auch unsere Vertriebspartnerschaften weitergeführt wurden, wurde als sehr positiv wahrgenommen. So haben wir durch unsere zusammengelegten Vertriebe die Rechtsschutz-Neuproduktion in diesem Jahr sogar um 25% steigern können; ein Ausmaß, wie es in den vergangenen Jahren nicht gelungen ist. Das zeigt, dass man durch noch mehr Vertriebspower durchaus auch in einem Spezialgebiet noch wachsen kann.
Ganz wesentlich in diesem Zusammenhang ist, dass jetzt auch unsere Bankpartner viel effektiver Rechtsschutz-Produkte vertreiben können.
Außerdem haben wir sichergestellt, dass die Unabhängigkeit des Rechtsschutz-Produkts weiterhin aufrecht bleibt, d. h. auch Klagen gegen die ERGO Versicherung grundsätzlich möglich sind.“
Vom Banken-Versicherer zum Multikanal-Versicherer
Um auch weiterhin am Ball zu bleiben und sich vom Banken-Versicherer zu einem echten Multikanal-Versicherer zu transformieren, hat Ergo vor einigen Jahren mit „#Drivefor2025“, einer neuen Unternehmensstrategie, gestartet: „Wir wollten den Schwerpunkt Lebensversicherung verlagern und stärkeres Wachstum in der Schaden-/Unfallversicherung erreichen, sowie in die Krankenversicherung eintreten. Das ist uns gelungen und dabei werden wir auch bleiben. Nun mit dem weiteren Vorteil, dass wir den Rechtsschutz für das Wachstum in Schaden/Unfall ebenfalls stark nutzen können und auch werden. Das zahlt nun noch stärker auf unsere Strategie ein“, informiert Wassenberg.
„Ich bin überzeugt, auch die Lebensversicherung wird ihre Zeit wieder bekommen“
In der Lebensversicherung wiederum brauche es eine Trendwende. Die Wahrnehmung der Lebensversicherung sei laut Wassenberg insbesondere bei jungen Leuten nicht sehr positiv. „Sie verstehen nicht, wie wichtig beispielsweise eine lebenslange Rente am Ende der Laufzeit ist bzw. wie sich das Produkt am Ende verrentet. Wenn wir es schaffen, eine verlässliche, signifikante Ergänzung der Alterssicherung darzustellen, und das wiederum positiv in den Köpfen der Menschen verankern können, dann ist das Potenzial riesig. Denn das Vertrauen in die staatlichen Alterssicherungssysteme ist ja im Moment noch niedriger. Ich bin mir sicher, dass wir mit Imagekampagnen und einem Fokus auf die inhaltlichen Stärken des Produkts die Menschen auch wieder dafür begeistern können.“
Am meisten Marktpotenzial sieht Wassenberg in der Krankenversicherung: „Weil dort, gemessen an der Bevölkerung insgesamt, am wenigsten Abdeckung herrscht. Wir haben uns bei der ERGO eine Nischen-Strategie verordnet. Und gerade in der Krankenversicherung gibt es sehr viele Nischen. Wir sind relativ gesehen der am stärksten wachsende Krankenversicherer im österreichischen Markt. Ich bin sicher, dass man auch bei Kfz und Unfall noch stark wachsen kann. Und natürlich im Rechtsschutz. Denn auch die Rechtsschutz-Abdeckung in Österreich ist noch nicht da, wo sie sein könnte oder sollte. Doch gerade jetzt in schwierigen Zeiten ist eine Rechtsschutzversicherung besonders sinnvoll. Und wie bereits erwähnt, die Lebensversicherung. Ich bin überzeugt, auch die Lebensversicherung wird ihre Zeit wieder bekommen.“
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Foto oben: Dr. Philipp Wassenberg (rechts), Vorstandsvorsitzender der ERGO Versicherung AG, im Gespräch mit AssCompact Herausgeber Franz Waghubinger (links)
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