Die hohe Inflation macht den Sparer:innen in Österreich zu schaffen. Das gilt vor allem für die starke Entwertung für all das Geld, das „ungenutzt“ auf Sparbüchern liegt. Dabei gibt es viele Anlagemöglichkeiten, sein Geld gewinnbringend für sich arbeiten zu lassen. Hannes Dolzer, Obmann des Fachverbands der Finanzdienstleister, informiert wie das funktioniert.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 16.06.2023
Über acht Prozent betrug die Inflation im Mai 2023 in Österreich. Wer sein Geld ungenutzt auf dem Sparbuch lässt, vernichtet auch bei gestiegenen Zinsen sein Sparguthaben. Selbst der leicht angehobene Leitzins kann diesen Verlust nicht ausgleichen, da die Inflation weiterhin deutlich über den Zinsen für Spar- oder Tagesgeldkonten liegt. Eine Beispielrechnung macht das deutlich: Ersparnisse in Höhe von 50.000 Euro verlieren mit der aktuellen Teuerungsrate nach nur einem Jahr rund 3.704 Euro an Kaufkraft. Bleibt die Inflation über zwei oder drei Jahre hoch, kann diese schleichende Entwertung ein echter Sorgentreiber sein.
Hannes Dolzer, Obmann des Fachverbands der Finanzdienstleister:
"In Zeiten hoher Inflation sollten sich Anleger:innen vom klassischen Sparbuch verabschieden."
Besser ist es, gemeinsam mit unabhängigen Vermögensberater:innen eine individuelle und kluge Anlagestrategie zu verfolgen.
Keine Zinsen ohne Risiko
Das Hauptziel für die Anleger:innen sollte daher sein, sich auf Anlageprodukte zu konzentrieren, die eine dauerhafte Rendite über der Inflationsrate erzielen. Daher können Investitionen in Aktien für Österreichs Sparer:innen auf lange Sicht eine sinnvolle Alternative sein. Klassische Einsteigerprodukte sind Fondssparpläne, bestehend aus Investmentfonds oder ETFs. Aller-dings spielt hierbei die Mischung eine entscheidende Rolle: Eine breite Streuung des Risikos ermöglicht es, Verluste in einzelnen Bereichen durch Gewinne in anderen auszugleichen. Der Vorteil ist, bereits ab einer geringen Summe von 25 bis 50 Euro pro Monat kann man in einen Fondssparplan investieren und die Sparrate jederzeit erhöhen, reduzieren oder aussetzen.
Die Renaissance der Anleihen
Jahrelang eher uninteressant, feiern nun auch Anleihen wieder eine Renaissance. Dabei haben vor allem Fonds mit Unternehmensanleihen Aufwind. Der Grund dafür liegt in den gestiegenen Zinsen und den damit verbundenen höheren Kosten für Unternehmen, wenn diese Kredite aufnehmen. Selbst Unternehmen mit guter Kreditwürdigkeit müssen ihre Unternehmensanleihen nun deutlich höher verzinsen, als noch 2020 – obwohl sich die Geschäftsmodelle der meisten Unternehmen nicht verschlechtert haben. Die Einstandsrenditen bei europäischen Unternehmen sind für Anleger:innen daher inzwischen wieder attraktiv. Allerdings gilt es auch hier immer die aktuelle konjunkturelle Entwicklung im Auge zu behalten.
Betongold noch immer sichere Anlage
Auch wenn sich dank stark gestiegener Zinsen und hoher Kosten der Bauboom abschwächt:
Hannes Dolzer:
"Betongold zählt immer noch zu den sicheren Kapitalanlagen, erfordert jedoch bereits ein solides Eigenkapitalpolster und eine finanzielle Tragbarkeit angesichts der aktuellen Zins- und Marktsituation."
Eine Immobilie ist besonders dann interessant, wenn sie als selbstgenutztes Wohneigentum geplant ist. Obwohl steigende Zinsen Baukredite verteuern, kann es trotzdem sinnvoll sein, Immobilien mit Wertsteigerungspotenzial für Investitionen in Betracht zu ziehen, da die Inflation in der Regel eher den Schuldnern zugutekommt. Allerdings ist die Wertentwicklung einer Immobilie rein aus der Perspektive des Vermögensaufbaus komplex, spielen doch viele Faktoren mit hinein, unter anderem die Standortentwicklung. Eine alternative Möglichkeit für ein indirektes Immobilieninvestment sind offene Immobilienfonds. Da diese in verschiedene Immobilienarten investieren, reduziert sich hier das Ausfallrisiko.
Gold als Beimischung
Viele Anleger:innen tendieren zu Goldankäufen, wenn die Inflation steigt, gilt Gold doch gemeinhin als inflationsresistente Anlage – auf sehr lange Sicht betrachtet. Als Beimischung in einem ausgewogenen Portfolio ist Gold als begehrter, natürlich vorkommender, aber begrenzter Rohstoff daher durchaus eine Option. Und wie steht es um Festgeldkonten? Durch die Anhebung des Leitzinses der EZB werden gestiegene Zinsen langsam auch an die Kund:innen weitergegeben. Festgeldkonten können daher wieder attraktiv werden. Allerdings ist das Geld dann nicht sofort verfügbar, weshalb drei bis vier Monatsgehälter als sofort verfügbare, eiserne Reserve auch auf einem Tagesgeldkonto zu empfehlen sind.
Langfristige Strategien
Grundsätzlich sollten Anlagestrategien immer langfristig ausgerichtet sein. Bei Aktienfonds ist es ratsam, einen Horizont von mindestens fünf Jahren zu betrachten, um Verlustphasen erfolgreich zu überstehen. Die Fonds sollten breit gestreut und weltweit investiert sein. Bei der Entscheidung über Anlagen sollte aber nicht allein auf die Zinssätze geschaut werden, sondern auch das individuelle Risikobedürfnis ist zu berücksichtigen. Wer bei der Veranlagung Rat sucht, ist am besten bei den Gewerblichen Vermögensberater:innen aufgehoben. Hier werden Anleger:innen nicht nur individuell nach ihren Bedürfnissen beraten, Veranlagungsstrategien können jederzeit auch angepasst werden – je nachdem wie sich die persönlichen Bedürfnisse entwickeln.
Foto oben: Hannes Dolzer, Obmann des Fachverbands der Finanzdienstleister
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