Weltweit flossen 2015 rund 19 Mrd. Dollar in FinTechs – und damit um 60% mehr als im Jahr zuvor. Eine Bedrohung für klassische Anbieter? Nicht unbedingt, glaubt man einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Roland Berger. Die Jungunternehmer setzen nämlich eher auf Zusammenarbeit als auf Konkurrenz.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 16.11.2016
Für die Studie wurden 248 FinTechs aus 18 europäischen Ländern befragt. Diese würden ihre Rolle auf dem Markt sehr realistisch einschätzen, so Michael Hilbert, Leiter des Bereichs „Financial Services“ von Roland Berger Österreich: „Sie verändern die Finanzindustrie, können aber nicht im Alleingang eine Revolution einläuten.“ So glauben zwei Drittel nicht, dass sie klassische Finanzinstitute ersetzen können. Vielmehr setzen 86% der neuen Firmen auf Zusammenarbeit mit etablierten Anbietern. Davon erhoffen sie sich vor allem Zugang zu einer breiten Kundenbasis (78%).
Vertrauen und Regulierung: Klassische Anbieter klar im Vorteil
FinTechs erachten das Vertrauen der Kunden (71%) als wichtigsten Faktor für den Erfolg in der Finanzbranche – und zugleich als große Stärke der etablierten Dienstleister. Bei der Transparenz von Angeboten und dem Komfort von Services wähnen sich FinTechs hingegen im Vorteil.
Zudem glauben 91% der jungen Unternehmen, die Bedürfnisse ihrer Kunden sehr gut bedienen zu können. Weitere Pluspunkte der Banken und Versicherungen – etwa finanzielle Ressourcen oder Marken-Bekanntheit – spielen für FinTechs eine untergeordnete Rolle. Drei Viertel meinen, es habe keine große Bedeutung für den Firmenerfolg, ob man über regulatorische Rahmenbedingungen umfassend Bescheid weiß. „Junge Unternehmen sollten regulatorische Aspekte aber auf keinen Fall unterschätzen. Hier sind die traditionellen Anbieter klar im Vorteil“, so Hilbert.
Skeptisch sind FinTechs, ob die klassischen Anbieter tatsächlich bereit für den digitalen Wandel sind. Nur 15% sehen hier gute Voraussetzungen bei Banken, 14% bei Versicherungen. 95% sind davon überzeugt, umfangreichere digitale Kompetenzen zu haben als klassische Dienstleister.
Österreich wenig attraktiver Markt für FinTechs
Das größte Potenzial orten die Studienteilnehmer in den Segmenten Investitionen und Asset Management (55%), Zahlungsverkehr (54%) und Crowdfunding (52%). Zwar konzentrieren sich die Jungunternehmer vor allem auf B2B-Angebote, sind aber immer stärker daran interessiert, ihre Services auch Privatkunden anzubieten.
Viele FinTechs, die derzeit nur in einem Markt aktiv sind, planen in den kommenden Jahren zu expandieren. Österreich steht auf der Liste nicht weit oben, wofür vor allem starre Regulierung und eine überschaubare Investorenlandschaft verantwortlich sind. Die besten Bedingungen bieten aus Sicht der Befragten Großbritannien, Irland und Frankreich.
Neue Mitbewerber treiben Digitalisierung voran
Etablierte Finanzdienstleister müssen jedenfalls vor starker Konkurrenz an mehreren Fronten gewappnet sein. Neben FinTechs werden laut Hilbert mittelfristig auch Schwergewichte aus der Technologie-Branche etablierte Finanzdienstleister unter Druck setzen. Aber: „Für Banken und Versicherungen ergeben sich durch Kooperationen mit FinTechs wiederum Chancen, die eigene digitale Transformation voranzutreiben. Dabei geht es für sie nicht nur um einen technischen, sondern vor allem um einen kulturellen Wandel“, sagt Hilbert. „Genau aus diesem Grund beginnt Digitalisierung im Kopf – hier kommt es vor allem auf die richtige Mentalität an.“
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