Der Europäische Gerichtshof (EuGH) traf in einem Vorabentscheidungsverfahren ein wichtiges Urteil für Fluggäste. Demnach sind „wilde Streiks“ kein Grund, bei Flugverspätungen oder -annullierungen Zahlungen zu verweigern.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 26.04.2018
Unüblich schnell kam der EuGH am 17. April zur gegenständlichen Entscheidung. Von ARAG-Juristen wurde sie mit Spannung erwartet, zumal diese bereits vielfach Ausgleichsansprüche nach Flugausfällen für Kunden erstritten haben.
Was war geschehen? Im Oktober 2016 kam es beim deutschen Flugunternehmen TUIFly ohne Initiative des Betriebsrats zu ungewöhnlich vielen spontanen Krankenständen. Dieser „wilde Streik“ führte zu zahlreichen Annullierungen und Flugverspätungen von drei Stunden und mehr.
Außergewöhnliche Umstände bei „wildem Streik“?
Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlamentes und des Rates enthebt das Luftfahrtunternehmen bei Vorliegen „außergewöhnlicher Umstände“ von der Verpflichtung, Ausgleichszahlungen bei kurzfristigen Annullierungen oder erheblichen Verspätungen von Flügen an die betroffenen Passagiere zu leisten. So gehen etwa deutsche Gerichte in der Regel bei von Arbeitnehmer-Vertretern ausgerufenen Streiks von solchen außergewöhnlichen Umständen aus. Ob diese aber auch bei einem „wilden Streik“ vorliegen, wollten die angerufenen deutschen Gerichte vom EuGH in einer Vorabentscheidung geklärt wissen.
Streik als Folge der normalen Tätigkeit
Die Voraussetzungen für „außergewöhnliche Umstände“ liegen laut EuGH in diesem Fall nicht vor. Die kurzfristig vorgenommenen Umstrukturierungen und betrieblichen Umorganisationen der Fluglinie gehören zu den normalen betriebswirtschaftlichen Maßnahmen von Unternehmen. Die sozialen Folgen solcher Maßnahmen seien als Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betreffenden Luftfahrtunternehmens zu betrachten. Zudem könne nicht davon ausgegangen werden, dass der „wilde Streik“ vom betroffenen Luftfahrtunternehmen nicht tatsächlich beherrschbar war, nachdem derselbe aufgrund einer Einigung zwischen dem Unternehmen und dem Betriebsrat endete.
Die ARAG-Juristen weisen darauf hin, dass das Vorliegen „außergewöhnlicher Umstände“ jedenfalls im Einzelfall zu prüfen sei.
zurück zur Übersicht
Beitrag speichern
sharing is caring
Das könnte Sie auch interessieren