Ab 2025 sind alle großen, ab 2026 auch kleine und mittlere Unternehmen von den EU-Richtlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und der EU-Taxonomie-Verordnung betroffen. Im Hintergrund wird an Lieferketten-Gesetzen gearbeitet, in Deutschland ist das erste bereits in Kraft. Das hat Einfluss auf alle Unternehmensbereiche. Insbesondere für Vorstände ergeben sich daraus völlig neue Verpflichtungen und Haftungsfragen. Mag. Dr. Christian Kozina-Voit referiert zu diesem Thema beim AssCompact Gewerbeversicherungssymposium 2024 – am 05. März in der Pyramide Wien/Vösendorf!
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 18.01.2024
Unternehmen wirken auf Natur und Gesellschaft – positiv und negativ. Vonseiten der Politik wurden verschiedene Anstrengungen unternommen, um die negativen Wirkungen zu minimieren. Eine zentrale Rolle spielte dabei die NFRD-Richtlinie (Non Financial Reporting Directive) der Europäischen Union: Diese verpflichtet seit 2017 alle großen Kapitalgesellschaften mit mehr als 500 Beschäftigen, eine „nichtfinanzielle Erklärung“ in ihren Lagebericht aufzunehmen – mit Konzepten zum Umgang mit Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen, der Achtung der Menschenrechte und der Bekämpfung von Korruption und Bestechung. Faktisch ist diese Erklärung aber nahezu wirkungslos: Sie muss lediglich vom Aufsichtsrat geprüft und der Generalversammlung berichtet werden; eine genauere Definition, was diese Konzepte beinhalten sollten, fehlt; und eine externe Prüfung ist nicht verpflichtend.
Deshalb wurde 2022 nachgeschärft und die NFRD- durch die CSRD-Richtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive) abgelöst.
Parallel dazu wurde die EU-Taxonomie-Verordnung veröffentlicht. Diese gilt für Unternehmen analog zur CSRD-Richtlinie. Die Unternehmer müssen zusätzliche Angaben über die ökologische Nachhaltigkeit einzelner wirtschaftlicher Tätigkeiten machen und offenlegen, wie und in welchem Umfang die Umsatz-, Investitions- und Betriebsausgaben des Unternehmens als ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten im Sinne der Taxonomie-Verordnung einzustufen sind. Konkrete Kriterien dafür hat die EU bisher zu den Themen „Klimaschutz und Klimawandelanpassung“ und „Nuklearenergie und Gas“ veröffentlicht. Weitere sollen demnächst folgen.
Noch gar nicht rechtsverbindlich ist die CSDDD-Richtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) der EU, die die Sorgfaltspflichten für soziale und ökologische Auswirkungen entlang der Wertschöpfungskette regeln soll. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch diese in den nächsten Jahren beschlossen wird und große Unternehmen dadurch auch für Verstöße entlang der Lieferkette verantwortlich gemacht werden (z.B. Kinderarbeit, Umweltschäden).
Unabhängig davon stellen CSRD und EU-Taxonomie Unternehmen jedoch schon jetzt vor neue Haftungsfragen:
- Ist die Berichterstattung nicht ordnungsgemäß, haben Unternehmen mit Bußgeldern von bis zu 5% des Jahresumsatzes zu rechnen – insbesondere dann, wenn sie Aussagen mit „bedingtem Vorsatz“ treffen (d.h. im Bewusstsein, dass sie möglicherweise nicht stimmen), bei vermuteten Fehlern wegsehen oder eine Thematik bewusst ignorieren.
- Zudem müssen Unternehmen mit Schadenersatzansprüchen rechnen. Mitbewerber könnten z.B. wegen unlauteren Wettbewerbs klagen.
- Daneben könnten andere Unternehmen (Vertragspartner, Anleger, Kunden etc.) deliktische Ansprüche geltend machen, zum Beispiel Schadenersatzansprüche wegen Kapitalanlagebetrugs.
- Zusätzlich kann das Unternehmen einen immateriellen Schaden in Form eines Reputations- und Vertrauensverlustes erleiden. Dieser hat wiederum Auswirkung auf Aktienkurs, Refinanzierungsmöglichkeiten, ggf. aber auch auf Auftragslage und Personal.
Besonders in der Verantwortung steht in diesem Kontext der Vorstand, ist die Erstellung des Lageberichts einschließlich der CSRD-Berichterstattung doch genuine Vorstandsaufgabe. Aber auch der Aufsichtsrat kann betroffen sein, wenn er den Lagebericht nicht zumindest auf Plausibilität hin prüft. Bei Fehlern können beide bußgeldpflichtig und auch regresspflichtig gegenüber dem eigenen Unternehmen werden. In besonders schweren Fällen (z.B. bei bewusstem Greenwashing) sind sogar Freiheitsstrafen für Vorstände möglich.
Insgesamt stellen CSRD, EU-Taxonomie und künftig auch CSDDD somit ein ernstzunehmendes Haftungsrisiko für Unternehmen, Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder dar. Unternehmen können dem mit einer ESG-Governance vorbeugen – d.h. mit einer klaren Nachhaltigkeitsstrategie, einer passenden Organisationsstruktur sowie Prozessen und Richtlinien, die sicherstellen, dass man allen gesetzlichen Verpflichtungen nachkommt. Oder anders gesagt: Wenn sich ein Unternehmen darum bemüht, seine negativen ökologischen und sozialen Auswirkungen zu minimieren, wird es auch künftig keine Probleme haben.
Christian Kozina-Voit beim AssCompact Gewerbesymposium 2024
Mag. Dr. Christian Kozina-Voit referiert beim AssCompact Gewerbeversicherungssymposium 2024 am 05. März in der Pyramide Wien/Vösendorf zum Thema „Neue Risiken mit Auswirkungen auf Gewerbeversicherungen - Nachhaltigkeitsberichte - EU-Taxonomie – Lieferketten“. Im seinem Vortrag bespricht er die Änderungen, die sich durch die neuen CSRD-Richtlinien und die neue EU-Taxonomie Verordnung für Unternehmen ergeben und erklärt, welche neuen Haftungsrisiken sich für Unternehmen, Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder dadurch ergeben können.
AssCompact Gewerbesymposium 2024
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