Wetterextreme haben im Jahr 2023 in Österreich enorme Schäden verursacht. Für das Jahr 2024 erwartet die Versicherungswirtschaft weitere Rekordschadenszahlen. Die Bevölkerung ist auf die bevorstehenden Risiken allerdings viel zu wenig vorbereitet, kritisieren Experten vom Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) und dem österreichischen Versicherungsverband VVO, und fordern verstärkte Präventionsmaßnahmen und eine gesamtstaatliche Lösung zur Risikoabsicherung der Bevölkerung.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 18.01.2024
Mag. Rémi Vrignaud, Präsident des österreichischen Versicherungsverbandes VVO:
"Rekordbrechende Ereignisse wie zum Beispiel im Jahr 2023 die hohen Temperaturen werden mehr und mehr zur neuen Normalität. Es muss daher ein schnelleres gesellschaftspolitisches Umdenken geben, denn Extremwetterereignisse und Naturkatastrophen führen zu hohen ökologischen und volkswirtschaftlichen Schäden, vor denen man nicht mehr die Augen verschließen kann. Wir erwarten eine starke Zunahme von Schadensereignissen. So ergeben auch erste Schätzungen für das Jahr 2023 für Österreich eine Schadenshöhe von über 1 Mrd. Euro."
Vielfach ist die Bevölkerung nicht oder nicht richtig auf die bevorstehenden Risiken vorbereitet, so die Daten des aktuellen Naturgefahrenmonitors 2023 der seit dem Jahr 2013 vom KFV durchgeführt wird. Österreich hat im internationalen Vergleich bei der Eigenvorsorge der Bevölkerung deutliche Verbesserungspotentiale, so das KFV. Alleine bei der Lebensmittelbevorratung könnte ein Großteil der Bevölkerung nur ein bis drei Tage ohne Fremdunterstützung durchhalten.
Die Sorge vor Starkregen rangiert in der Befragung unter den Katastrophenszenarien in mehreren Bundesländern an der Spitze (Steiermark, Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Vorarlberg), während in der Großstadt Wien (Stichwort Hitzeinseln) und im ebenfalls eher flacheren Burgenland die Furcht vor Hitzewellen dominiert.
KFV-Direktor Mag. Christian Schimanofsky:
"69% der Menschen in Österreich haben die Sorge, dass durch den Klimawandel die Naturkatastrophen zunehmen werden, zugleich sind 79% der Befragten aber auch bereit, auf bestimmte Dinge zu verzichten, um den Klimawandel zu bremsen."
In Summe ist der Informationsgrad der Bevölkerung punkto Naturgefahren derzeit in Kärnten, Salzburg und im Burgenland am größten, während es in Wien, Niederösterreich und der Steiermark noch Aufholpotenzial gibt.
Genaue Warnungen wichtig für Akzeptanz und Maßnahmen
Für die Ereignisse Sturm, Starkregen, Starkschneefall gab im Jahr 2023 die GeoSphere Austria 187 Mal eine rote und 12.291 Mal eine orange Warnung für eine Gemeinde Österreichs aus. Insgesamt gab es 2023 somit 12.478 Warnungen der zwei höchsten Warnstufen. Dazu kamen 18.399 Warnungen der zwei höchsten Warnstufen vor heftigen Gewitterzellen (18.389 Orange, 10 Rot). Fast jede Gemeinde Österreichs war zumindest einmal von einer Wetterwarnung betroffen.
Dr. Andreas Schaffhauser, wissenschaftlicher Generaldirektor der GeoSphere Austria:
"Unsere regelmäßige Verifikation zeigt eine hohe Genauigkeit bei den Warnungen. Das ist sehr wichtig für die Akzeptanz und das Verhalten der Bevölkerung. Je besser und verständlicher Warnungen vor großen Wetterereignissen sind, desto ernster werden sie genommen und desto größer ist die Chance, dass die Menschen darauf reagieren."
Erstmals Schaden- und Ereignisdatenbank für Österreich
Datenbanken zu Ereignissen und Schäden sind wichtige Instrumente im Katastrophenrisikomanagement. Mit CESARE (CollEction Standardization and Attribution of Robust disaster Event information) entsteht derzeit erstmals eine einheitliche nationale Schaden- und Ereignisdatenbank für Österreich, die Anforderungen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union sowie nationale Anforderungen zur Bewältigung von Katastrophenauswirkungen erfüllt. Entwickelt wird CESARE im Auftrag der ASDR-Plattform (Austrian Strategy for Desaster Risk Reduction), koordiniert von der GeoSphere Austria in Zusammenarbeit mit zahlreichen Organisationen wie dem KFV und dem VVO.
Mag. Christian Eltner, Generalsekretär des österreichischen Versicherungsverbands VVO:
"Es ist durchaus verständlich, dass jemand – der in einem Risikogebiet für eine bestimmte Naturgefahr wohnt – sich genau für dieses Risiko mit einer möglichst hohen Deckungssumme absichern will. Allerdings brauche es dafür eine gesamtstaatliche Lösung durch den Gesetzgeber, um die unterschiedlichen Risiken in den Bundesländern ausbalancieren zu können. Wir fordern keine generelle Pflichtversicherung, sondern eine Kopplung der Katastrophenrisiken an die Feuerversicherung. Da derzeit ohnehin die meisten Menschen über eine Haushalts- bzw. Eigenheimversicherung verfügen, wären durch den Risikoausgleich generell deutlich höhere Deckungssummen bei Naturkatastrophen darstellbar, bei gleichzeitig leistbaren Prämien."
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