Ein Versicherungsnehmer verursachte mit seinem haftpflichtversicherten PKW einen Verkehrsunfall. Die Haftpflichtversicherung leistete aufgrund dieses Unfalls Ersatzzahlungen an den Geschädigten von mehr als 11.000 Euro, begehrte jedoch Regresszahlung vom Versicherungsnehmer, da dieser das Fahrzeug im alkoholisierten Zustand gelenkt hatte.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 21.02.2022
Der durchgeführte Alkomattest ergab einen Atemluft-Alkoholwert von 1,28 Promille. Die Bezirkshauptmannschaft erließ daher das an den Versicherungsnehmer gerichtete Straferkenntnis wegen Übertretung des § 5 Abs 1 StVO (Lenken eines Fahrzeuges mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von mehr als 1,2 Promille). Aufgrund des verschuldeten Verkehrsunfalls wurde von der Staatsanwaltschaft zudem eine (strafrechtliche) Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen den Versicherungsnehmer eingebracht. Mangels Schuldbeweises wurde der Versicherungsnehmer allerdings rechtskräftig freigesprochen. Aus diesem Grund (Doppelbestrafungsverbot) wurde auch das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Allerdings entzog die Bezirkshauptmannschaft dem Beklagten mit Bescheid die Lenkberechtigung, dies mit der Begründung, dass der Versicherungsnehmer in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt und dabei einen Verkehrsunfall verursacht hat.
Nach den vereinbarten Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung ist die Versicherung von der Leistung befreit, wenn sich der Lenker in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand im Sinn der Straßenverkehrsvorschriften befindet und wenn zudem im Spruch oder in der Begründung einer rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Entscheidung festgestellt wird, dass das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt wurde. Die Leistungsfreiheit des Versicherers infolge einer solchen Obliegenheitsverletzung ist vereinbarungsgemäß mit EUR 11.000,00 beschränkt.
Ausgehend von diesen Versicherungsbedingungen begehrte die Haftpflichtversicherung vom Versicherungsnehmer eine Regresszahlung von EUR 11.000,00. Der Versicherungsnehmer lehnte jedoch die Zahlung mit der Begründung ab, dass keine rechtskräftige Entscheidung eines Strafgerichts oder einer Verwaltungsbehörde im Sinne der Versicherungsbedingungen vorliegen würde. Der im Führerscheinentzugsverfahren ergangene Bescheid würde die in den Versicherungsbedingungen geforderten Voraussetzungen nicht erfüllen. Der Versicherungsnehmer sei nicht nach einer konkreten Bestimmung der Straßenverkehrsordnung bestraft worden, sondern erfolgte vielmehr nur ein Führerscheinentzug nach dem Führerscheingesetz.
Wie ist die Rechtslage?
Im vorliegenden Fall führte der OGH (15.09.2021, 7 Ob 99/21s) aus, dass es der ständigen Rechtsprechung entspricht, dass für den Regressanspruch des KFZ-Haftpflichtversicherers zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Einerseits muss im Regressprozess der Nachweis der Alkoholisierung „im Sinne der Straßenverkehrsvorschriften“ erbracht werden. Andererseits muss eine rechtskräftige Entscheidung einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichts vorliegen, in deren Spruch oder Begründung festgestellt wird, dass das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt wurde.
Zu den im zweiten Punkt inhaltsgleichen Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung sprach der Oberste Gerichtshof bereits aus, dass Sinn dieser zweiten Voraussetzung für die Leistungsfreiheit des Versicherers nicht die Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung ist. Mit dieser Voraussetzung sollen lediglich die Zweifel am inkriminierten Verhalten des Versicherungsnehmers beseitigt werden, und zwar durch eine entsprechende (gesicherte) behördliche Feststellung. Ein Strafausspruch ist hingegen nicht Voraussetzung für den Regress, sodass eine Differenzierung zwischen verwaltungsstrafrechtlichen Bescheiden und Bescheiden, mit denen die Lenkberechtigung entzogen wird, nicht erforderlich ist.
In seiner Entscheidung hat der OGH auch auf die ständige Rechtsprechung verwiesen, wonach bei einem Blutalkoholgehalt von 0,8 Promille und darüber der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt gilt, sodass der Gegenbeweis fehlender Beeinträchtigung nicht möglich ist.
Schlussfolgerung
Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch: „Die Feststellung in der Begründung eines Bescheids in einem Führerscheinentzugsverfahren erfüllt die Voraussetzung einer leistungsbefreienden Obliegenheitsverletzung gemäß den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, solange im Bescheid konkret festgestellt wird, dass der Versicherungsnehmer ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat.“
Von Dr. Roland Weinrauch (Foto), Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte: https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Titelbild: ©burdun – stock.adobe.com
zurück zur Übersicht
Beitrag speichern
sharing is caring
Das könnte Sie auch interessieren