Auszug aus dem Schwerpunkt-Interview der AssCompact März-Ausgabe mit Walter Kupec (Chief Insurance Officer Schaden/Unfall der Generali Versicherung AG), Kurt Möller (Vorstandsmitglied der Zürich Versicherungs-Aktiengesellschaft), Dipl.-Ing. Christian Sipöcz (Vorstandsmitglied der VAV Versicherungs-AG), Günther Weiß (Vorstandsvorsitzender der HDI Versicherung AG) über die Auswirkung der Pandemie auf die KFZ-Versicherung.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 02.03.2021
Wie wirkt sich die Corona Pandemie aus Ihrer Sicht bisher auf die Sparte Kfz aus?
Walter Kupec: Auf einen milden Winter folgte der erste Covid19-Lockdown. Das führte zu einem einzigartigen Rückgang um ca. 20% der Kfz-Schadenanzahl im ersten Halbjahr 2020 gegenüber dem Vorjahr. Ab dem Sommer hat sich die Schadenfrequenz wieder normalisiert. Der Durchschnittsschaden stieg im Jahresvergleich um knapp 8% deutlich an. Das Jahr schloss bei den Pkw-Neuzulassungen mit einem Minus von fast 25% ab. Viele Fahrzeugbesitzer verschoben ihren Fahrzeugwechsel und blieben bei ihren „alten“ Fahrzeugen. Die „Auto“-Mobilität hat durch die Pandemie wieder Boden gewonnen und fand sogar im städtischen Bereich wieder höhere Akzeptanz. Zurückzuführen ist dies auf das Meiden öffentlicher Verkehrsmittel, die vor einer Infektion weniger Schutz bieten.
Kurt Möller: Es gibt interessante Dynamiken. Während der Lockdowns, vor allem des ersten, gab es deutlich weniger Verkehr und daher weniger Unfälle. Manche Firmenkunden haben, wenn sie nicht den gesamten Fuhrpark nutzen konnten, die Kennzeichen hinterlegt. Und auch Privatpersonen haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Viele arbeiten im Home Office. Gleichzeitig sehen wir einen Trend, wieder mehr mit dem KFZ ins Büro zu fahren und Öffis zu meiden. Wie sich diese Entwicklungen langfristig auswirken, ist derzeit schwer abschätzbar.
Dipl.-Ing. Christian Sipöcz: Die Auswirkungen der Corona Pandemie waren sowohl im Neugeschäftsbereich als auch in der Schadenentwicklung in KFZ spürbar. Von Mitte März bis Mitte April 2020 durften aufgrund der seitens der Bundesregierung angeordneten Schließung der KFZ-Zulassungsstellen Fahrzeuge nur in Ausnahmefällen zugelassen werden (u.a. für systemrelevante Berufsgruppen wie z.B. im medizinischen Bereich). Zusätzlich fand ein genereller Rückgang der Konjunktur, Produktionsstopps einzelner Autohersteller sowie ein allgemeines Absinken der Anzahl neu zugelassener Fahrzeuge in Österreich statt. Diese Auswirkungen hat man in der Versicherungsbranche bei der Neugeschäftsproduktion speziell im Bereich KFZ gemerkt.
Die Schadenentwicklung in KFZ war letztes Jahr heterogen. Während des ersten Lockdowns von Mitte März bis Mitte April letzten Jahres waren insgesamt weniger Fahrzeuge auf Österreichs Straßen unterwegs. Dies hatte auch Auswirkung auf die KFZ-Schadenentwicklung. Nach der Öffnung im April hat sich die Lage der Schadenmeldungen in KFZ sehr schnell wieder auf ein normales Niveau eingependelt. Zusätzlich hat es in den Sommermonaten vereinzelte Unwetter gegeben, wovon insbesondere lokale Hagelereignisse den KFZ-Bereich getroffen haben. Insgesamt lag die KFZ-Schadenentwicklung im letzten Jahr trotz der Covid-19 Pandemie sehr nahe an einem durchschnittlichen Schadenjahr im KFZ-Bereich.
Günther Weiß: Im vergangenen Geschäftsjahr verzeichneten wir trotz Covid-19 Pandemie sowohl positive als auch negative Entwicklungen. Einerseits wirkte sich der Rückgang der Neuzulassungen bei der Umsatzentwicklung im Neugeschäft negativ aus, andererseits verzeichneten wir gute Schadensätze. Diese sind aber nicht nur auf die Pandemie zurückzuführen, sondern wurden auch sehr stark durch einen milden Winter und kaum Hagelereignissen oder Naturkatastrophen begünstigt.
Diese positiven Entwicklungen bei den Schadensätzen sind aber nur ein kurzfristiger Effekt. Mittelfristig werden Reparaturkosten und Ersatzteilpreise deutlich steigen, so dass der Druck auf die Schadenquoten zunimmt. Diese Entwicklungen lassen sich unter anderem anhand von Glasbruch- oder Trivialschäden wie z.B. an Stoßstangen beobachten. Aufgrund von verbauten Sensoren und Kamerasystemen, welche immer richtig kalibriert werden müssen, steigen die durchschnittlichen Aufwendungen bei Reparaturen oder Austausch um einen zweistelligen Prozentsatz. Auch Stoßstangen bestimmter Marken können in manchen Fällen selbst bei geringfügiger Beschädigung nicht repariert werden. Durch die sensiblen Sensoren (z.B. Spurwechselwarner) wird ein kompletter Austausch notwendig. Das vervielfacht die vergleichbaren Kosten und stellt auch durch Ressourcen- und Energieverschwendung einen fragwürdigen Umstand im Sinne der Nachhaltigkeit dar.
Lesen Sie morgen im 2. Teil der Schwerpunkt-Interviewrunde zum Thema „Kfz-Versicherung – Pandemie-Auswirkungen, Zukunft und Entwicklungen“ über die Entwicklung der E-Autos in Österreich und deren Auswirkung auf die KFZ-Versicherung.
Das gesamte Interview lesen Sie in der AssCompact März-Ausgabe!
Foto oben v.l.n.r.: Dipl.-Ing. Christian Sipöcz, Günther Weiß, Kurt Möller und Walter Kupec
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