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Kreditversicherung: Streit um „berechtigte Forderung“

Kreditversicherung: Streit um „berechtigte Forderung“

17. Juli 2018

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5 Min. Lesezeit

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News-Recht & Wissen

Muss der Kreditversicherer für bestrittene Forderungen zahlen? Mit dieser Frage befasste sich der Oberste Gerichtshof (OGH), nachdem der Versicherer per Klage einen Teil der Leistung von einer GmbH zurückverlangt hatte.

Andreas Richter

Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 17.07.2018

Die Beklagte, eine österreichische GmbH, hatte eine Kreditversicherung abgeschlossen, der die Versicherungsbedingungen für eine „Pauschalversicherung“ zugrunde lagen. Im Jahr 2012 wurde über das Vermögen einer Vertragspartnerin der GmbH ein Insolvenzverfahren in Deutschland eröffnet. Die GmbH stellte einen Antrag auf Anerkennung eines Versicherungsfalles, woraufhin der Versicherer einen Betrag von rund 557.000 Euro überwies.

Die angemeldete Forderung betrug insgesamt 960.000 Euro. Der Insolvenzverwalter der Vertragspartnerin bestritt einen Teilbetrag von rund 231.000 Euro mit der Begründung, diese Forderungen würden nicht mit der Buchhaltung übereinstimmen.

Bestrittene Forderungen laut Versicherer nicht gedeckt

Nun widerrief der Versicherer die Anerkennung des Versicherungsfalls und forderte einen Betrag von rund 59.000 Euro von der GmbH zurück. Bestrittene Forderungen seien von der Kreditversicherung nämlich nicht umfasst. Eine vertragliche Verpflichtung des Versicherers, die (Prozess-)Kosten der Feststellung einer bestrittenen Forderung gegenüber dem Insolvenzverwalter zu finanzieren, bestehe nicht.

Feststellungsprozess hätte Schaden vergrößert

Die GmbH bestritt das Klagebegehren, da die Forderungen gegen ihre Kundin rechtlich begründet seien. Ein Feststellungsprozess gegen den Insolvenzverwalter hätte lediglich Verfahrenskosten verursacht, welche infolge der Masseunzulänglichkeit nicht ersetzt worden wären. Durch einen Feststellungsprozess wäre das Ausmaß des Schadens (des Forderungsausfalls) also noch vergrößert worden. Die GmbH habe es der Versicherung überlassen, das Kostenrisiko eines Feststellungsverfahrens zu übernehmen, was diese jedoch abgelehnt habe. Die Unterlassung eines solchen Prozesses könne daher keinen Rückforderungsanspruch bewirken.

Die GmbH habe der Versicherung ihre Buchhaltungsunterlagen vollständig zur Verfügung gestellt. Durch die Erbringung der Versicherungsleistung nach Überprüfung der Buchhaltungsunterlagen habe die Klägerin das Deckungsbegehren der Beklagten außerdem anerkannt.

Erst- und Berufungsgericht gaben der Klage statt. Bestrittene Forderungen seien grundsätzlich nicht gedeckt. Die Kreditversicherung decke nur das sich aus einer Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ergebende Risiko, nicht aber das Risiko, dass eine Forderung aus anderen Erwägungen bestritten werde. Die GmbH brachte eine Revision gegen das Urteil ein, die der OGH (7Ob44/18y) für teilweise berechtigt erachtete.

Rechtlich begründete Forderung?

Da kein Streit über die Ansprüche bestanden habe, könne es kein konstitutives Anerkenntnis der Klägerin durch die Erbringung der Versicherungsleistung geben. Nach den hier konkret vorliegenden Vertragsbedingungen bestehe gemäß Art 1 AVB Versicherungsschutz für Ausfälle an „rechtlich begründeten Forderungen“. Art 6 AVB sieht als Voraussetzung für die Anerkennung durch die Klägerin neben dem Eintritt des wirtschaftlichen oder politischen Versicherungsfalls vor, dass der Versicherungsnehmer seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt hat, sein Vertragspartner hingegen seine vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt hat oder nicht erfüllen kann.

Dies könne vom durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer nur so verstanden werden, dass der Ausfall von berechtigten Forderungen vom versicherten Risiko „rechtlich begründete Forderungen“ umfasst ist. Allein die Bestreitung einer Forderung durch den Vertragspartner des Versicherungsnehmers sage noch nichts über deren rechtliche Begründetheit aus. Der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer werde davon ausgehen, dass nach dem Wortlaut der konkreten Bedingungslage Versicherungsschutz für den Ausfall (tatsächlich) berechtigter Forderungen unabhängig von deren Bestreitung besteht. Dass ein entsprechender Risikoausschluss bestehe, sei aus den Bedingungen nicht nachzuvollziehen.

Zur Verfahrensergänzung zurückverwiesen

Die Begründetheit der Forderung sei daher Gegenstand des vorliegenden Deckungsprozesses. Es werde Sache der Beklagten sein, Behauptungen zur Begründung der Forderung aufzustellen. Damit sei derzeit noch keine Spruchreife gegeben; die Entscheidungen der beiden Vorinstanzen seien demgemäß aufzuheben. Dem Erstgericht hat der OGH eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

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