7Ob80/22y
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 14.09.2022
Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Angestellte der Beklagten (Versicherer) auf jenem Durchschlag des Versicherungsantrags, der dem VN ausgehändigt wurde, handschriftlich „Erl.Summe 710.952“ und unmittelbar daneben „1 179,465“ hinzugefügt hat. Unmittelbar darunter stand der Hinweis, dass die Zahlenangaben über die Gewinnbeteiligung auf Schätzungen beruhten, denen die gegenwärtigen Verhältnisse zugrunde gelegt worden seien, weil die in den künftigen Jahren erzielbaren Überschüsse nicht vorausgesehen werden könnten; solche Angaben seien daher unverbindlich. Nicht festgestellt werden konnte, ob dem VN zugesagt worden wäre, dass ihm für den Fall, dass er das Ende der Laufzeit erlebe, eine zusätzliche „Erlebenssumme“ von 710.952 ATS zustehe, wobei ihm unter Berücksichtigung der zu erwartenden Gewinnbeteiligung sogar 1.179.465 ATS ausgezahlt werden würden.
Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer habe die im Antrag handschriftlich angeführten Summe nicht als zugesicherte, sondern prognostizierte Beträge verstehen müssen, ist angesichts des eindeutigen schriftlichen Hinweises und der nicht feststellbaren mündlichen Zusage nicht korrekturbedürftig.
Die Zweifelsregel des § 915 ABGB kommt nur zur Anwendung, wenn die erklärte Absicht der Parteien mit den Auslegungsregeln des § 914 ABGB nicht ermittelt werden kann. Kann – wie hier – mit den Auslegungsregeln des § 914 ABGB das Auslangen gefunden werden, liegt der Fall des § 915 2. Halbsatz ABGB (undeutliche Äußerung) nicht vor.
7Ob80/22y
versdb 2022, 56
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