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Mangelhafte Sanierung: Keine zweite Chance für Handwerker

Mangelhafte Sanierung: Keine zweite Chance für Handwerker

11. Juli 2016

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4 Min. Lesezeit

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News-Recht & Wissen

Ein Handwerksbetrieb sollte den Parkettboden einer Ordination sanieren. Dabei entstanden so grobe Mängel, dass die Ärztin ein anderes Unternehmen mit der Behebung beauftragte – und vom Vorgänger-Betrieb 10.000 Euro Schadenersatz forderte. Hätte Sie dem Handwerker die Gelegenheit zur Überarbeitung geben müssen?

Andreas Richter

Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 11.07.2016

Eine Ärztin beauftragte ein Unternehmen, das den Parkettboden in ihrer Ordination sanieren sollte. Derselbe Betrieb hatte den Boden bereits 1997 zu ihrer vollsten Zufriedenheit verlegt. Mit dem Ergebnis der Sanierungsarbeiten war die Auftraggeberin nun aber alles andere als glücklich: Der Handwerker hatte nämlich gravierende Mängel verursacht. Um diese zu beheben, müsste der gesamte Boden erneut abgeschliffen, unterlassene Ausbesserungen vorgenommen und die beschädigten Sockelleisten, Türen und Türstöcke erneut versiegelt werden. Eine derart mangelhafte Sanierung kam in dem Unternehmen, das seit mehr als 20 Jahren immer dieselben Mitarbeiter beschäftigte, bisher nicht vor.

Die Ärztin brachte umgehend eine Beschwerde ein und übermittelte dem Betrieb ein Privatgutachten über den Zustand des Bodens. Dieser erklärte sich sofort bereit, die Mängel zu beheben – notfalls auch über das Wochenende. Doch die Aufraggeberin meinte, jedes weitere Eingreifen widerstrebe ihr, weil sie Angst vor weiteren Schäden habe. Sie beauftragte ein anderes Unternehmen mit der Sanierung und bezahlte dafür mit knapp 7.000 Euro einen deutlich höheren Preis als zuvor.

Klägerin erhält Kosten, die der Betrieb aufzuwenden hätte

In ihrer Klage forderte die Ärztin insgesamt mehr als 10.000 Euro Kostenersatz für die Mängel- und Schadenbehebung vom zuerst beauftragten Unternehmen – unter Abzug des vereinbarten Werklohns, Verdienstentgang wegen notwendiger Schließung der Ordination, Kosten des Privatgutachtens und den Ersatz der Wertminderung des Parkettbodens. Es sei ihr aus triftigen, in der Person der Auftragnehmerin gelegenen Gründen nicht zumutbar gewesen, dieser einen Verbesserungsversuch zu ermöglichen.

Das Erstgericht gab der Klage teilweise Folge und sprach der Klägerin mit mehr als 4.000 Euro nur jene Behebungskosten zu, die der beklagte Betrieb selbst hätte aufwenden müssen, wenn es ihm ermöglicht worden wäre, die fachgerechte Verbesserung mit eigenen Mitarbeitern vorzunehmen. Dem Auftraggeber sei zunächst die Gelegenheit zu geben, den vertragsgemäßen Zustand selbst herzustellen. Geldersatz könne nur gefordert werden, wenn Verbesserung oder Austausch verweigert oder nicht in angemessener Frist vorgenommen würden, wenn sie mit erheblichen Unannehmlichkeiten für den Übernehmer verbunden oder wenn sie ihm aus triftigen in der Person des Auftragnehmers liegenden Gründen unzumutbar seien.

Kein endgültiger Vertrauensverlust anzunehmen

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, der sich auch der Oberste Gerichtshof (8 Ob 101/15h) anschloss. Die Beurteilung, ob der Übernehmer einer mangelhaften Leistung triftige Gründe hatte, die es ihm unzumutbar machten, dem Übergeber einen Verbesserungsversuch einzuräumen (§ 932 Abs 4 ABGB), hänge stets von den Umständen des Einzelfalls ab. „Das gilt auch dann, wenn die Leistung besonders grobe Mängel aufwies, aber aus anderen Gründen – hier wegen der bisherigen guten Erfahrungen und der erklärten Kooperationsbereitschaft der Beklagten – noch kein endgültiger Vertrauensverlust anzunehmen war.“ Weil das Unternehmen zwei vorangegangene Aufträge tadellos abgewickelt habe, sei nicht davon auszugehen, dass die jetzigen Fehlleistungen objektiv betrachtet das Vertrauen in die Fähigkeiten der Beklagten so weit erschüttern konnte, dass jeglicher Verbesserungsversuch unzumutbar gewesen wäre.

 

 

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