Geschäftsführer dürfen sich nicht allein auf den Rat ihres Rechtsanwalts verlassen, sondern müssen selbst über die aktuelle Rechtslage Bescheid wissen. Zu diesem Urteil kam der Oberste Gerichtshof (OGH) nun nach einem Prozess um die Zahlung von 10 Mio. Euro, wie Die Presse heute berichtet.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 20.10.2016
Noch ist wohlgemerkt nichts entschieden, denn der OGH (6 Ob 198/15h) hat den Fall an das Erstgericht zurückverwiesen. Allerdings stellten die Höchstrichter klar: Auch rechtsunkundigen Geschäftsführern sei die inhaltliche Überprüfung einer Rechtsfrage zumutbar. Sie können sich „nur unter strengsten Voraussetzungen mit Rechtsunkenntnis entschuldigen“, beschreibt Die Presse das Urteil.
Konkret ging es darum, dass die Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG, ihres Zeichens Techniker, Anteile auf eine andere Konzerngesellschaft übertrugen – allerdings ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten. Die Beteiligungen wurden aber nur konzernintern verschoben, das Konzernvermögen blieb unangetastet.
Juristen ließen neue OGH-Entscheiden außen vor
Vor der geplanten Umstrukturierung holten die Geschäftsführer der GmbH & Co. KG noch den Rat eines Steuerberaters, eines Notars, eines Rechtsanwalts und des Leiters der eigenen Rechtsabteilung ein, um sich rechtlich abzusichern. Keiner der Juristen sah die Transaktion als unzulässig.
Das Fatale daran: Eine damals brandaktuelle OGH-Entscheidung (2 Ob 225/07p) hatten die Berater offenbar nicht berücksichtigt. Ansonsten hätten sie nämlich vor einem Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr warnen müssen – denn der OGH hatte in besagter Entscheidung erstmals klargestellt, dass dieses Verbot nicht nur auf Kapitalgesellschaften, sondern auch auf die GmbH & Co. KG anwendbar ist.
Insolvenzverfahren: Klage auf 10 Mio. Euro
Im Jahr 2010 wurde über die Geschäftsführer und ihre Muttergesellschaft ein Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter klagte die Geschäftsführer auf die Zahlung von zehn Mio. Euro, weil sie ihre Gesellschaft mit dem Abschluss des Einbringungsvertrages geschädigt hätten, berichtet Die Presse. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab – nicht aber der OGH.
Das Argument der Beklagten, sie hätten sich bei ihrer Entscheidung auf sachkundige Berater gestützt, gelte nur unter strengsten Voraussetzungen. Sie werden zu beweisen haben, warum die Argumente der Berater sie überzeugten – schließlich habe sich jeder selbst mit den ihn treffenden Rechtsvorschriften vertraut zu machen.
Kein Verlass mehr auf Berater?
Der Beschluss des OGH werde laut der Presse auch anderen Managern Sorgen bereiten, zumal er auch wichtige Fragen für den Geschäftsalltag aufwirft: „Erwarten Höchstrichter von Geschäftsführern, selbst wenn sie wie hier fachfremde Techniker sind, die Überprüfung höchst strittiger Rechtsfragen? Darf sich das Management künftig nicht mehr auf die Auskunft seiner Berater verlassen? Ganz offenbar, lautet die Antwort.“
Quelle: diepresse.com; bearbeitet von AssCompact Österreich
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