Eine Begünstigte aus einer von einer Versicherungsgesellschaft ausgestellten Haftrücklassgarantie, die ausdrücklich nur der Besicherung von Gewährleistungsansprüchen diente, nahm die Garantie zur Abdeckung jener Kosten in Anspruch, die ihr im Zusammenhang mit der Beseitigung von Baumängeln entstanden sind. Die Versicherungsgesellschaft lehnte eine Auszahlung mit der Begründung ab, die Inanspruchnahme sei rechtsmissbräuchlich. Das HG Wien hat entschieden.
Artikel von:
Dr. Christian Wolf
Rechtsanwalt bei ScherbaumSeebacher
In seiner Entscheidung vom 23.02.2023 (60 R 75/22t) hatte das HG Wien als Berufungsgericht folgenden Sachverhalt zu beurteilen
Die beklagte Versicherungsgesellschaft hat zugunsten der Klägerin eine Haftrücklassgarantie ausgestellt, die explizit nur der Besicherung von Gewährleistungsansprüchen diente. Nachdem bei dem der ausgestellten Garantie zugrunde liegenden Bauvorhaben Mängel aufgetreten waren und die Klägerin ihren Vertragspartner (= das Bauunternehmen) erfolglos zur Mängelsanierung aufgefordert hatte, ließ die Klägerin die Mängel im Wege der Ersatzvornahme beseitigen und nahm in weiterer Folge die von der beklagten Versicherungsgesellschaft ausgestellte Haftrücklassgarantie in Anspruch, um damit die ihr entstandenen Kosten für die Mängelbehebung abzudecken.
Die Versicherungsgesellschaft lehnte die Auszahlung mit der Begründung ab, dass die Garantieinanspruchnahme rechtsmissbräuchlich erfolgt sei, zumal es sich bei dem von der Klägerin geforderten Ersatz der von ihr getragenen Mängelbehebungskosten, deretwegen die Garantie in Anspruch genommen wurde, inhaltlich um keinen Gewährleistungsanspruch handelt, sondern um einen Schadenersatzanspruch, zu dessen Besicherung die in Rede stehende Haftrücklassgarantie aber gerade nicht ausgestellt wurde.
Entscheidung des HG Wien
Das HG Wien hat sich der Rechtsansicht der Versicherungsgesellschaft angeschlossen und die Klage abgewiesen, weil die Garantieinanspruchnahme evidentermaßen nicht aus dem vereinbarten Garantiezweck (und damit rechtsmissbräuchlich) erfolgte.
Im Ergebnis hat die Klägerin die Kosten, die ihr im Zusammenhang mit der Mängelbehebung im Wege der Ersatzvornahme entstanden sind, daher selbst zu tragen.
Die ordentliche Revision an den OGH wurde vom HG Wien nicht zugelassen.
Anmerkung: Der Verfasser dieses Artikels, Rechtsanwalt Dr. Christian Wolf, hat die beklagte Versicherungsgesellschaft im Gerichtsverfahren vertreten.
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