Eine aktuelle Umfrage des Beratungsunternehmens Schwabe, Ley & Greiner (SLG) zeigt, dass bonitätsschwache Unternehmen zunehmend unter Finanzierungsdruck geraten und mit einer Reihe von Maßnahmen reagieren müssen, um ihre Liquidität zu stärken.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 09.09.2024
Vor dem Hintergrund eines restriktiven Kreditumfelds hat SLG, Beratungsunternehmen für Finanz- und Treasury-Management, Firmen im DACH-Raum zu ihrer Finanzierungssituation befragt. Das Ergebnis: 47% der Unternehmen berichten von einer Verschärfung der Finanzierungsbedingungen in den letzten zwölf Monaten. Während bonitätsstarke Unternehmen wenig(er) Handlungsdruck verspüren, bläst Betrieben mit schwächeren Bonitäten ein schärferer Wind entgegen: Mehr als die Hälfte (55%) sagt, dass sich die Bereitschaft der Banken, ihr Unternehmen zu finanzieren im letzten Jahr verringert hat. Umgekehrt haben nur 19% der bonitätsstarken Firmen diese Erfahrung gemacht.
Michael Juen, Managing Director und Partner bei SLG:
"Unternehmen mit Top-Bonitäten finden grundsätzlich bessere Finanzierungsbedingungen vor. Sie haben einen größeren und stabileren Investorenkreis, der besonders in Krisenzeiten nützt. Unternehmen mit höherem Kreditrisiko hingegen sind stärker von Banken abhängig – 60% ihrer Finanzierungen kommen von Kreditinstituten. Die Krux dabei: Gerade diese Firmen treffen derzeit auf eine geringere Finanzierungsbereitschaft der Banken und bekommen dies in erster Linie durch höhere Kreditmargen, strengere vertragliche Auflagen und ein geringeres Finanzierungsvolumen zu spüren. Daraus kann sich eine Abwärtsspirale ergeben, die unternehmensbedrohend werden kann."
Bankkredite mit hohem Stellenwert im Finanzierungsmix österreichischer Unternehmen
Wie wichtig die Rolle der Kreditinstitute ist, zeigt die Tatsache, dass laut Studie fast ein Viertel (20%) der Unternehmen mindestens 90% ihrer Finanzierungsvolumina über Banken abwickelt. Österreichische Unternehmen haben mit durchschnittlich 57% einen höheren Anteil an Bankfinanzierungen im Portfolio als deutsche (46%) bzw. Schweizer (44%) Firmen, die tendenziell stärker auf Kapitalmarktinstrumente zurückgreifen.
Die gewährten Mittel wurden von den befragten Unternehmen in den letzten zwölf Monaten vor allem für Investitionen (62%), beispielsweise für neue Betriebs- und Geschäftsausstattung, Immobilien oder Maschinen, oder Working Capital Finanzierung (61%), Back-Up Fazilitäten (51%), Refinanzierung (29%), M&A (23%) und Lagerfinanzierungen (21%) eingesetzt.
Jedes zweite Unternehmen hat zuletzt Liquidität verbessert
Unternehmen mit schwacher Bonität reagieren mit einem ganzen Maßnahmenbündel auf die Marktsituation und versuchen, ihre Liquidität zu stärken. 38% von ihnen haben im letzten Jahr Investitionsprogramme verschoben sowie Kostensenkungsprogramme und Maßnahmen zur Reduzierung ihres Working-Capital-Bedarfs umgesetzt. Nur 8% haben keine Maßnahmen getroffen. 29% der bonitätsstarken Firmen hingegen mussten keine und 34% nur eine der oben genannten Maßnahmen setzen.
Michael Juen:
"Am häufigsten wählten die Unternehmen Schritte, um ihren Working-Capital-Bedarf zu senken. Sie dürften hier versuchen, die hohen Sicherungsbestände in den Lagern, die während und nach Corona aufgebaut wurden, wieder auf ein geringeres Maß abzusenken. Investitionsverschiebungen wurden hauptsächlich mit unsicherer oder negativer Marktentwicklung begründet. Die hohen Finanzierungskosten allein wurden deutlich weniger häufig als Investitionshindernisse genannt."
70% aller befragten Unternehmen verfügen über eine definierte Liquiditätsreserve. Diese soll hauptsächlich planmäßige (Saisonalität) und außerplanmäßige (Risikopuffer) Geschäftsschwankungen abfedern. Als häufigstes Instrument für die Haltung der Reserve werden liquide Mittel (83%) und Kreditlinien mit fixer Laufzeit (65%) genannt. Eine Erhöhung der Reserve in den letzten zwölf Monaten als Reaktion auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erfolgte bei 22% der befragten Unternehmen. Nur 8% der bonitätsschwachen Unternehmen erhöhten ihre Reserven.
ESG-Ratings als wichtige Basis für Bankenfinanzierung
Die Nachhaltigkeitsrisiken von Unternehmen und die gesetzten Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels spielen für Banken eine bedeutende Rolle in der Kreditvergabe. Das spiegelt sich auch in der Einschätzung der befragten Firmen wider: 38% der Unternehmen mit Bankfinanzierungen berichten von verschärften ESG-Standards der Kreditinstitute. Die steigenden Anforderungen veranlassen die Unternehmen, externe ESG-Bewertungen einzuholen. 42% der Unternehmen verfügen über ESG-Ratings, weitere 20% planen in den nächsten zwölf Monaten einen ESG-Ratingprozess zu durchlaufen.
38% haben bereits nachhaltige Finanzierungsinstrumente im Portfolio. Eine (nahezu) vollständige Klassifizierung des gesamten Finanzierungsportfolios als nachhaltig oder grün erreicht jedoch nur eine Minderheit. Knapp die Hälfte aller Unternehmen mit grünen oder nachhaltigen Finanzierungen meldet Portfolioanteile von 25% oder darunter.
Über die Studie
SLG hat für die vorliegende Studie 125 Unternehmen im DACH-Raum zwischen 19.6. und 7.7. 2024 zu ihrer Finanzierungssituation befragt. 22% der Unternehmen stammen aus Österreich, 60% aus Deutschland, 11% aus der Schweiz. Davon verfügen 58% über eine Bonität im Investment-Grade, 21% über eine Bonität im Non-Investment-Grade.
Foto oben: Michael Juen, Managing Director und Partner bei SLG
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