KR Mag. Klaus Scheitegel, Generaldirektor der Grazer Wechselseitigen Versicherung AG (GRAWE), über die Herausforderungen der letzten Jahre, die Neuerungen im Gesundheitsversicherungsbereich und die Rolle der Digitalisierung in der Versicherungsbranche.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 06.09.2024
Seit seinem Amtsantritt im Jahr 2017 stand Klaus Scheitegel vor mehreren großen Herausforderungen. Die COVID-19-Pandemie war zweifellos die größte: „Die Pandemie erforderte erhebliche Management-Aufmerksamkeit und zwang uns, Prozesse umzustellen, ohne zu wissen, wie sich die Situation entwickeln würde,“ erklärt Scheitegel. Der Krieg in der Ukraine stellte laut Scheitegel eine weitere bedeutende Belastung dar. In der Anfangsphase des Krieges habe die GRAWE „knapp 30 Mitarbeiter inkl. Familien bei uns in Graz aufgenommen, die mittlerweile alle wieder zurück in ihre Heimat gekehrt sind.“ Die durch den Krieg verursachte Volatilität der Finanzmärkte erforderte ebenfalls intensive Management-Aktivitäten so Scheitegel und hebt hervor, dass „die Pandemie zu einem Technologisierungsschub führte und unsere Resilienz sowie den Zusammenhalt innerhalb des Konzerns stärkte.“
Entwicklungen im Gesundheitsversicherungsmarkt
Die Einführung der Gesundheitsversicherung „GRAWE MyMED“ markiert einen wichtigen Schritt in der strategischen Ausrichtung der GRAWE. „Wir wollen uns im Gesundheitssystem als glaubwürdiger Versicherer etablieren, mit einem Fokus auf Prävention. Der erfolgreiche Start von GRAWE MyMED hat unsere Erwartungen übertroffen“, so Scheitegel . GRAWE MyMED umfasst die klassische Krankenversicherung, Wahlarztleistungen und eine Kombination beider Optionen. „Besonders hervorzuheben ist die GRAWE Gesundheitswelt, die umfassende Vorsorge für psychische Erkrankungen bietet. Zudem zeichnet sich unser Angebot durch starke Regionalität aus, mit rund 400 Partnern in ganz Österreich. Dieses Netzwerk ermöglicht unseren Kunden eine flexible und leicht zugängliche Gesundheitsversorgung“ informiert Scheitegel“, ergänzt Scheitegel.
Digitalisierung und künstliche Intelligenz: Effizienzsteigerung durch Technologie
Die Digitalisierung und der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) sind zentrale Elemente der GRAWE-Strategie. „Die Digitalisierung ist bei der GRAWE zentral, besonders durch den Einsatz von KI zur Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung,“ erklärt Scheitegel. Der Einsatz von KI zur Automatisierung von Routineaufgaben soll die Effizienz erhöhen und den Mitarbeitern ermöglichen, sich auf komplexere Aufgaben zu konzentrieren. Ein Beispiel ist das neue Kundenportal für die Krankenversicherung, das eine papierlose Einreichung von Rechnungen ermöglicht. „KI übernimmt Routineaufgaben, ersetzt jedoch nicht die notwendige menschliche Interaktion, insbesondere in emotional belastenden Situationen“, so Scheitegel.
Zusammenarbeit mit unabhängigen Versicherungsvermittlern: Vor- und Nachteile
Scheitegel hebt hervor, dass unabhängige Makler besonders wertvoll sind: „Sie bringen eine breite Expertise, insbesondere im Bereich Gewerbe und Industrie, mit und können komplexe Versicherungsthemen fundiert kommunizieren. Dies ist besonders wichtig für Themen wie Naturkatastrophen oder spezielle Vorsorgefragen, bei denen die Unabhängigkeit des Beraters von Vorteil ist.“
Die GRAWE schätzt diese Expertise und nutzt die Makler als wichtige Partner im Gewerbegeschäft, wo der Makleranteil über 90% ausmache, informiert Scheitegel. „Wir schätzen den Makler als Spezialisten für bestimmte Versicherungsbereiche wie Gastronomie oder Produktion und erkennen die Vielfalt der Vertriebsoptionen, die für Kunden in Österreich verfügbar sind. Unser Ziel ist es, den Kunden die Wahl zu lassen, wie sie mit uns in Kontakt treten – sei es über einen Makler, digitale Tools oder unsere Kundenberater. Diese Flexibilität ist uns wichtig, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden“, so Scheitegel.
Zukunft der Versicherbarkeit von Naturkatastrophen und Vorsorge
Scheitegel sieht die Versicherbarkeit von Naturkatastrophen als problematisch an: „Die Zukunft der Versicherbarkeit von Naturkatastrophen wird durch unzureichende Deckungen für Hochwasser und Erdbeben, besonders für Privatpersonen, geprägt.“ Er betont, dass eine umfassende, leistbare Lösung fehlt und dass die GRAWE sich dafür einsetzt, einen breiten Versicherungsschutz anzubieten. Für die Vorsorge fordert Scheitegel eine klare Abgrenzung zwischen Finanz- und Bankprodukten: „Während Finanzprodukte kurzfristige Investitionen betreffen, sind Vorsorgeprodukte wie Lebensversicherungen für die langfristige Planung entscheidend.“
Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung: Strategische Initiativen
Die GRAWE verfolgt zudem eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie. Das Unternehmen ist seit 2021 Teil der UN PRI-Initiative und trägt das PEFC-Zertifikat. Scheitegel erläutert: „Unsere Fonds sind mit dem Transparenzsiegel EUROSIF ausgestattet und dem österreichischen Umweltzeichen für nachhaltige Finanzprodukte ausgezeichnet.“
Im Immobilienbereich setzt die GRAWE auf umweltfreundliche Bauweisen wie das grün zertifizierte Projekt „Media Center Living“ in Graz. Zusätzlich werden stromsparende Leuchtmittel und optimierte Energieverbrauchsmaßnahmen implementiert. „Wir fördern umweltfreundliche Mobilität durch einen modernen und sicheren Fahrradkeller in unserer Generaldirektion sowie einen Reparaturservice für Fahrräder unserer Mitarbeiter. Unser Jobrad-Leasingmodell unterstützt nachhaltige Transportmittel und erfreut sich großer Beliebtheit. Diese Maßnahmen zeigen unser Engagement, Nachhaltigkeit nicht nur in unseren Investitionen, sondern auch in unseren täglichen Geschäftsabläufen und der Mitarbeiterbetreuung zu verankern“, erklärt Scheitegel.
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Foto oben: KR Mag. Klaus Scheitegel, Generaldirektor der Grazer Wechselseitigen Versicherung AG (GRAWE)
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