Im Zuge eines Hausumbaus trägt die beauftrage Fachfirma den Dachstuhl und das Mauerwerk bis zur Geschoßdecke ab. Bei einem Sturm dringt Regenwasser bis in das unterste Stockwerk ein und verursacht einen enormen Schaden. Sowohl die Haftpflichtversicherung der Baufirma, als auch die Versicherung der betroffenen Familie kommt für den entstandenen Schaden nicht auf, da die Firma alles ordnungs- und normgemäß abgedeckt hat. Reinhard Jesenitschnig, C:M:S Maklerservice GmbH, erklärt warum der entstandene Schaden bei Sanierungsmaßnahmen deckungspflichtig gewesen wäre, nicht aber bei Umbaumaßnahmen.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 31.08.2020
Von Reinhard Jesenitschnig (Foto), C:M:S Maklerservice GmbH
Familie Müller erfüllte sich einen durch Familienzuwachs befeuerten Wunsch, ihr Eigenheim mittels Riegelbauweise aufzustocken. Zu diesem Zweck trug die beauftragte Fachfirma den Dachstuhl und das Mauerwerk bis zur Geschoßdecke ab. Ordnungs- und normgemäß wurde diese Decke mittels Planen abgedeckt, der angesagte Regen würde dem Baukörper wohl nichts anhaben können. Dieser Regen wurde aber von wesentlich stärkeren Stürmen begleitet als vorhergesagt. Letztlich hielten die von der Baufirma getroffenen Maßnahmen dem Druck des Sturmes nicht stand, die Planen rissen an mehreren Stellen und Regenwasser drang bis in das unterste Stockwerk ein. Der Schaden am Gebäude war durch die betroffenen Wände, Holzdecken und Böden enorm, ganz zu schweigen vom Schaden am Mobiliar und sonstigen Inhalt.
Haftpflichversicherung der Baufirma lehnt Deckung ab
Vorerst wandte sich Familie Müller an die Baufirma. Deren Haftpflichtversicherung kam nach sachverständiger Beurteilung zum Schluss, dass ihre Versicherungsnehmerin alles richtig gemacht habe und sie daher kein Verschulden treffe. Es läge höhere Gewalt vor. Daraufhin wandte sich die Familie vertrauensvoll an ihre eigene Versicherung, schließlich wies ihre Polizze die Deckung bei Sturmschäden auf. Aber auch hier war die Stellungnahme der Versicherung ernüchternd. Der Schadenreferent verwies auf die Versicherungsbedingungen und einen darin enthaltenen Ausschluss, wonach Schäden an Gebäuden während eines Umbaus nicht versichert sind, wenn diese in ursächlichem Zusammenhang damit stehen. Nun war zweifelsohne der Umbau und die damit verbundene Öffnung des Gebäudes (Abtragen des Daches) ursächlich für die Möglichkeit des Eindringens von Niederschlagswässern. Der vom Referenten eingewandte Ausschluss wird daher wohl halten. Der Umbau eines Gebäudes, insbesondere die Öffnung seiner Außenhaut, bedeutet gegenüber dem Risiko, das der Versicherer bei Abschluss des Vertrages übernommen hat, eine wesentliche Gefahrerhöhung. Um sich Diskussionen zu ersparen, die sich – allein gestützt auf die Bestimmungen des VersVG zur Gefahrerhöhung (§§ 16 ff) ergeben würden, bedient sich der Versicherer des Ausschlusses, womit er sein Risiko ohne Wenn und Aber eingrenzt. Diesen Ausschluss findet man in abgewandelter Form in allen am Markt befindlichen Sturmschaden-Versicherungsbedingungen.
Umbau vs. Sanierung
Wie aber verhält es sich, wenn nicht – wie bei Familie Müller – der Umbau eines Gebäudes, sondern „nur“ die Sanierung eines maroden Daches geplant und durchgeführt wird. Auch hier kommt es zur Öffnung der Dachhaut, die in der Regel mit Planen geschützt wird. Auch hier kommt es immer wieder zu Sturmschäden und damit verbunden zum Eindringen von Niederschlagswässern in das Gebäude. Vom Schaden her das gleiche Ergebnis wie bei Familie Müller: Von den Voraussetzungen her liegt aber eine wesentliche Unterscheidung vor. Die Sanierung eines Daches ist vom Ausschluss zum einen nicht umfasst, zum anderen verlangen die Versicherungsbedingungen in den Sicherheitsvorschriften, dass der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, die versicherten Gebäude, vor allem das Dachwerk und die Dachung, ordnungsgemäß instand zu halten. Sturmschäden während der Phase der Renovierung, sofern sie nicht auf grob-fahrlässiges Verhalten oder Unterlassen zurückzuführen sind, fallen in diesem Fall unter Versicherungsschutz. Es handelt sich zwar auch in diesem Fall für den Versicherer um eine Gefahrerhöhung. Sie ergibt sich aber (auch) aus der vom Versicherer auferlegten Verpflichtung der Instandhaltung und ist zeitlich eher kurzfristig angesetzt. Das sieht auch der Deutsche Bundesgerichtshof in seinem Urteil IV ZR 87/91 so und meint, dass die vorübergehende Abdeckung eines Daches mit Planen während der Reparaturarbeiten als mitversichert gilt. Diese – eher kurzfristig angelegten – Bauarbeiten sind seitens des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer nicht anzeigepflichtig.
Der Grat zwischen Umbau- und Sanierungsmaßnahmen kann allerdings sehr schmal sein. Wie schnell kann jemand die notwendige Dachsanierung dazu nützen, den Dachstuhl zu verändern, Raumveränderungen vorzunehmen oder Dacherker einzubauen. Das alles fällt nicht mehr unter den Begriff „Sanierung“. Es empfiehlt sich daher eine genaue Prüfung der Risiko- und Deckungssituation und gegebenenfalls die Suche nach Alternativen, gemeinsam mit dem Versicherer.
Titelbild: ©2mmedia - stock.adobe.com
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