Wer Medikamente einnimmt, muss sich über seine eigene Fahrtüchtigkeit aktiv Klarheit verschaffen. Das betont der Oberste Gerichtshof (OGH), der die Klage einer Parkinson-Patientin gegen ihre Unfallgegnerin sowie deren Fahrzeughalter und Haftpflichtversicherer abblitzen ließ.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 24.07.2017
Bei einem Unfall im Jahr 2013 erlitt die heute 78-Jährige zahlreiche Verletzungen. Eine andere Autolenkerin, die aus einer Garage rückwärts in den Fließverkehr einfuhr, streifte das Auto der späteren Klägerin. Diese erschrak derart, dass sie die Kontrolle über ihr Fahrzeug verlor, das Lenkrad verriss, beschleunigte anstatt zu bremsen und gegen einen Baum prallte. Dabei verletzte sie sich, an ihrem Auto entstand Totalschaden.
Über Fahruntauglichkeit informiert?
Bei der Frau wurde 2003 Morbus Parkinson diagnostiziert. Daher hatte sie zahlreiche Medikamente einzunehmen, die ihre Fahrtauglichkeit einschränkten. Zwar hatte ihre Vertrauensärztin zu Beginn der Medikamenteneinnahme darauf hingewiesen, dass Patienten in der Eingewöhnungsphase nicht mit dem Auto fahren dürfen. Allerdings wurde die eingeschränkte Fahrtüchtigkeit zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr direkt angesprochen.
Klage auf Schadenersatz - „aktive Erkundigungspflicht“
Nun klagte die Frau ihre Unfallgegnerin, den Halter deren Autos sowie den Haftpflichtversicherer. Diese sollten drei Viertel des Schadens, der sich auf rund 26.000 Euro belief, ersetzen. Während die Vorinstanzen der Klage stattgaben, hob der OGH (2Ob117/16v) die Entscheidung des Berufungsgerichts auf.
Eine potenzielle Fahrzeuglenkerin, die Medikamente einnimmt, treffe eine aktive Erkundigungspflicht über ihre Fahrtüchtigkeit. Wenn die Beipackzettel entsprechende Hinweise enthalten, obliege es der Lenkerin, beim Arzt oder Apotheker weitere Informationen einzuholen. In diesem Fall habe die Klägerin weder die Gebrauchsinformation gelesen noch ihre Vertrauensärztin um Aufklärung gebeten.
Beweis steht noch aus
Nach einer Feststellung des Erstgerichts hätte ihr die Ärztin allerdings Fahrtauglichkeit attestiert. In diesem Fall wäre die Unterlassung der Erkundigung für die Unkenntnis der Klägerin nicht kausal gewesen. Um dies endgültig beurteilen zu können, bedürfe es zuvor der Erledigung der Beweisrüge durch das Berufungsgericht. Ein der Klägerin allenfalls anzulastendes Mitverschulden wäre mit einem Drittel – statt des zugestandenen Viertels – zu bewerten.
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