Von der „Zinskurven-Hysterie“ hält Sonal Desai, CIO der Franklin Templeton Fixed Income Group, wenig. Die aktuelle US-Zinskurve sei kein Indiz für eine Rezession.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 16.08.2019
Die jüngste Inversion der Zinskurve der US-Treasuries habe die Finanzpresse in einen gewissen Rausch versetzt. Sonal Desai betont, „die Zinskurve sagt uns nichts darüber aus, was der Realwirtschaft bevorsteht“. Zwar wirke sich die anhaltende Unsicherheit im Handel auf die Stimmung der Unternehmen aus. „Aber wir leben seit fast drei Jahren mit Handelsunsicherheit, mit sehr geringen wirtschaftlichen Auswirkungen. Die US-Wirtschaft behauptet sich gut, und jetzt profitiert sie von einer moderaten Fed.“
China habe ein wenig Schwäche gezeigt, aber keine starke Verlangsamung. Die jüngsten Daten zeigen, dass Chinas niedrigere Exporte in die Vereinigten Staaten durch stärkere Exporte in den Rest der Welt ausgeglichen wurden. „Die Schwäche in Europa ist ausgeprägter, insbesondere in Deutschland, wie wir es bei den jüngsten Daten zum Bruttoinlandsprodukt gesehen haben, aber keineswegs ein Zusammenbruch.“
Realwirtschaft „völlig ignoriert“
Die Märkte für Staatsanleihen seien nach wie vor durch die große Rolle verzerrt, die die Zentralbanken weiterhin spielen. „Und jetzt hat die Fed die Zinsen gesenkt und die Möglichkeit weiterer Senkungen signalisiert; die Europäische Zentralbank hat die Tür zu einer Wiederaufnahme der quantitativen Lockerung geöffnet. Die großen Zentralbanken laden die Anleger im Wesentlichen ein, die Konjunkturdaten zu ignorieren und auf niedrigere Renditen zu setzen.“
Die Rentenmärkte setzen auf die Fed, die gerade eine Wendung genommen und nebenbei die Wirtschaftsdaten ignoriert habe. „Aber diese Wette auf die Fed gibt keinerlei Hinweis darauf, wohin die Wirtschaft geht. Mit anderen Worten, ich denke, dass die Zinskurve von US-Treasuries überhaupt keinen Wert als Indikator für eine Rezession hat“, so Desai. „Die Märkte und die Fed scheinen sich gegenseitig anzusehen, nähren sich gegenseitig mit Angst und ignorieren völlig, was in der Realwirtschaft tatsächlich vor sich geht.“
Bild: ©Syuji Honda
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