KR Prof. Elisabeth Stadler, CEO Vienna Insurance Group über die Herausforderungen in der Versicherungsbranche, ein erfolgreiches „Best practice“-System und warum hybride Kundeberatung die Zukunft ist.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 28.01.2022
KR Prof. Elisabeth Stadler steht seit 1. Jänner 2016 an der Spitze der Vienna Insurance Group (VIG). Die Leitung des größten Versicherungskonzerns in Zentral- und Osteuropa zu übernehmen ist für Stadler eine der größten, aber auch eine der schönsten Herausforderungen in ihrer mittlerweile seit drei Jahrenzenten andauernden Berufslaufbahn in der Versicherungswirtschaft. „Ein wichtiger Grund, warum ich eine sehr positive Bilanz ziehen kann, ist, dass die Gruppe in diesen sechs Jahren die wichtigsten Kennzahlen kontinuierlich verbessert hat. So habe ich die Gruppe mit 9 Mrd. Euro Prämieneinnahmen übernommen, mittlerweile stehen wir bei 10,4 Mrd. Euro Prämie. Dabei handelte es sich nicht nur um organisches, sondern auch um anorganisches Wachstum unter anderem durch Zukäufe“, erklärt Stadler.
Das erste Covid-Jahr hat die VIG-Group ebenfalls zu spüren bekommen – zwar nicht in der Prämie, so Stadler, aber im Ergebnis aufgrund der Veranlagung. „Wir konnten diese Ausnahmesituation gut meistern und so gut wie in allen Ländern weiter wachsen, selbst in den großen gesättigten Märkten wie Österreich, Tschechien und der Slowakei.“
„Die Versicherungsbranche ist gut gerüstet“
Auch abseits der Pandemie steht die Versicherungsbranche vor großen Herausforderungen –Niedrigzinsumfeld, zunehmende Regulierung, technischer Fortschritt oder sich veränderndes Kundenverhalten. Doch Stadler ist sich sicher, dass die Branche dafür gerüstet ist: „Wir evaluieren unsere Aktivitäten, die wir hier gesetzt und vorbereitet haben, um zu erkennen, ob wir etwas ändern bzw. anpassen müssen. Gerade in der Pandemie zeigt sich die starke Resilienz der Versicherungsbranche. Wir haben klar unter Beweis gestellt, dass unsere Branche krisenfest ist. Wir sind sehr konservativ, aber mit unseren Aktivitäten auch sehr vorausschauend – gerade mit Risikokalkulation ist unsere Branche ja bestens vertraut.“
Für die VIG hat sich laut Stadler gezeigt, dass es wichtig ist, dem Thema Digitalisierung rechtzeitig Bedeutung zuzumessen. „Tatsache ist, dass die Digitalisierung durch die Corona-Krise noch einmal eine neue Dynamik erhalten hat. In Österreich haben wir uns vermutlich alle nicht vorstellen können, dass wir so schnell in die Digitalisierung rutschen, wie das nun durch die Pandemie gekommen ist.“
„Best Practice von einem Land ins andere gehört zu unseren Prinzipien“
Als sehr positiv haben sich laut Stadler vor allem die VIG-Serviceleistungen bewährt, die es bereits vor Covid-19 gab und die in der Pandemie besonders gut genutzt wurden. „Wir haben während der Pandemie neue Apps eingeführt, zum Beispiel für die digitale Schadenbegutachtung oder auch im Gesundheitsbereich.“
Dabei gehört Best Practice von einem Land ins andere zu den Prinzipien der VIG. „Die Gesellschaften und Mitarbeiter in den verschiedenen Ländern sind alle sehr selbständig und entwickeln viele großartige Produkte und Projekte“, erklärt Stadler. „Je weiter wir nach Osten gehen, umso digitalaffiner sind die Menschen und umso kreativer sind auch die Ideen. Wir versuchen natürlich, gute Ideen von einem Land ins andere, von einer Gesellschaft zur anderen zu tragen. Es wandert also nicht nur alles von Österreich aus Richtung Osteuropa, sondern es findet ein sehr intensiver Austausch in alle Richtungen statt. Das ist auch die Aufgabe der Holding: ein Netzwerk bzw. eine Plattform zu schaffen, wo man diese positiven Beispiele den anderen zeigt, wo die Kollegen vernetzt sind und wo man eine Lösung auf ein anderes Land adaptieren kann.“
Das Strategieprogramm „VIG 25“ fokussiert sich neben der finanziellen Stabilität, Nachhaltigkeit und Marktwachstum, auf Kundennähe. Dabei sieht Stadler die Zukunft in einer verstärkten hybriden Kundenberatung. „Wir müssen dort aktiv sein, wo unsere Kunden sind und unseren Kunden Zugang zu unseren Produkten und Leistungen über die Wege gewähren, die sich die Kunden aussuchen“, erläutert Stadler und erklärt weiter: „In einem Ökosystem kooperieren Unternehmen unterschiedlicher Art, die alle gemeinsam Produkte und Dienstleistungen gestalten, die sich nach den Kundenbedürfnissen eines Ökosystems orientieren und nicht nach den Angeboten der einzelnen Partner. Wichtig ist somit, künftig ein Teil dieser Systeme und ein Partner zu sein, um dem Kunden die für ihn optimalen Angebote und Services zu bieten. Die direkte Kundenbetreuung über den Makler, Agenten usw. wird nach wie vor gefragt sein. Vor allem schwierig erklärbare Produkte wie komplexere Lebensversicherungen oder Industrieversicherungen sind schwer digital abzuschließen. Hier benötigt es eine persönliche Beratung.“
Was KR Prof. Elisabeth Stadler zur 0-Zins-Probelmatik rät, welche Eigenschaften eine gute Chefin ausmachen und was die CEO der Vienne Insurance Group von der Frauenquote hält, erfahren Sie im Vorstandsinterview in der AssCompact Februar-Ausgabe!
Foto oben: KR Prof. Elisabeth Stadler, CEO Vienna Insurance Group
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