Die Coronapandemie zeigt drastisch den gewaltigen Handlungsbedarf in Wirtschaft und Gesellschaft. Aus diesem Grund hat die österreichische Finanzbranche im Rahmen der WKÖ-Bundessparte Bank und Versicherung das Potenzial und den Handlungsbedarf für drei große Themenfelder Klimawandel, leistbares Wohnen und Digitalisierung analysiert und zentrale Handlungsfelder definiert.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 26.01.2022
„Die Bewältigung der Coronapandemie hat gezeigt, dass wir als Finanzbranche Teil der Lösung sind. Wir müssen, können und wollen unseren Beitrag leisten“, so Bernd Spalt, Obmann der WKÖ-Bundessparte Bank und Versicherung. „Die österreichische Finanzbranche ist bereit, die Veränderungen, die für eine lebenswerte, nachhaltige Zukunft nötig sind, gemeinsam mit allen Gesellschaftsbereichen voranzutreiben. Damit sind auch wichtige Impulse für Wachstum und die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze verbunden. Die Chancen und Potenziale können wir nur dann nutzen, wenn wir alle an einem Strang ziehen. Im Sinne eines starken und zukunftsorientierten Standorts braucht es da vor allem einen leistungsfähigen Kapitalmarkt, um den gewaltigen Finanzierungsbedarf der Klimatransformation heben zu können“, betont Spalt.
„Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind die bestimmenden Themen für die nächsten Jahre und Jahrzehnte, die über den unternehmerischen Erfolg entscheiden werden. Deshalb stehen wir als Finanzbranche den heimischen Unternehmen als starker und verlässlicher Partner zur Seite, um mit entsprechendem Know-how und den notwendigen Finanzierungslösungen die Umsetzung der spielentscheidenden Projekte zu ermögliche“, so WKÖ-Bundesspartenobmann-Stv. Robert Zadrazil.
Österreich in eine nachhaltige Zukunft führen
Das Umweltbundesamt hat für die Bundessparte Bank und Versicherung in einer umfassenden Studie mit Schwerpunkt Industrie, Verkehr, Energie und Gebäude errechnet, dass der Mittelbedarf der „Grünen Transformation“ bis 2030 enorm ist. „Wir werden die grüne Transformation aktiv mitgestalten, in dem wir unseren Firmenkunden das notwendige Kapital und die entsprechenden Beratungsleistungen zur Verfügung stellen. Gleichzeit bieten wir unseren Privatkunden nachhaltige Kapitalanlagen an. Österreichs Banken werden aufgrund ihrer internationalen Ausrichtung nicht nur in Österreich, sondern auch in CEE einen sehr wichtigen Beitrag leisten“ erläutert WKÖ-Bundesspartenobmann-Stv Johann Stobl.
Darüber hinaus habe die Finanzbranche das Know-how, die Infrastruktur und das Kapital, um diesen Finanzierungsbedarf zu stillen. „Allein die Kapitalanlagen der österreichischen Versicherungen in Höhe von mehr als 100 Mrd. Euro sind ein enormer Hebel für die Umsetzung der Klimaziele“, ist sich WKÖ-Bundesspartenobmann-Stv. Kurt Svoboda sicher.
Die zentralen Handlungsfelder für eine nachhaltige Zukunft
Steuerbefreiung für nachhaltige Finanzprodukte: Laut aktueller Statistik der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) verfügen die Österreicherinnen und Österreich über ein Geldvermögen von rund 800 Mrd. Euro. Mit einer Steuerbefreiung für nachhaltige Finanzprodukte, wie etwa einer KESt-Befreiung für grüne Finanzprodukte, bei Einhaltung einer Behaltefrist, könnten Milliarden für die Klimatransformation in Bewegung gesetzt werden. Der Vorstoß von Bundesminister Brunner zeige, dass die Bundesregierung sich der Notwendigkeit bewusst ist, das für die Klimatransformation notwendige Kapital zu mobilisieren. In gleicher Weise ist hier auch eine Befreiung von der Versicherungssteuer für nachhaltige Lebensversicherungen und entsprechend für Pensionskassenprodukte erforderlich.
Mehr Geld für Unternehmen, insbesondere KMU: Wichtig sei, dass die Beteiligung an Unternehmen erleichtert wird und Investoren den KMU unkompliziert Geld zur Verfügung stellen können. Mit der Gesellschaftsform der SICAV, die in mehreren Ländern bereits eingeführt wurde, sei das möglich. Aber auch für eine NLP-Lösung (National Legislated Programme), die es regulatorisch erleichtert, den Betrieben Eigenkapital zur Verfügung zu stellen, gebe es beschlussfertige Vorschläge. „Das würde nicht nur den Unternehmen helfen, sondern es werden bestehende Arbeitsplätze gesichert und neue geschaffen. Das Gesetz dazu sollte so rasch wie möglich umgesetzt werden“, so Bernd Spalt.
Betriebliche Vorsorgekassen nachhaltig investieren lassen: Neben den Pensionskassen mit ihrem Veranlagungspotenzial von 27,3 Mrd. Euro verwalten Betriebliche Vorsorgekassen 16,5 Mrd. Euro und haben aber restriktive gesetzliche Veranlagungsvorgaben. Das zulässige Investitionsuniversum sollte für die Klimatransformation geöffnet werden.
Betriebe bei Nachhaltigkeitsdaten unterstützen: Um die komplexen und teilweise bürokratischen Datenanforderungen auch für KMU lebbar zu machen, müsse gerade KMU beim Zurverfügungstellen von vergleichbaren und brauchbaren ESG-Daten (Environment, Social, Governance) unterstützt werden. Die österreichische Kreditwirtschaft plant hier für Unternehmen die Einrichtung einer einfachen zentralen Plattform für ESG-Daten.
Energieausweise von Gebäude zentral bereitstellen: Um die Klimatransformation im Gebäudesektor voranzutreiben, brauche es zentral und österreichweit einheitlich verfügbare digitale Energieausweise von Gebäuden. Damit werde die Tür für die Klimatransformation weit geöffnet und das dafür notwendige Kapital bereitgestellt. Die Energieeffizienz von Gebäuden könne somit für alle Beteiligten einfacher eruiert und bewertet werden.
Versicherungslösung für Naturkatastrophen: Die vergangenen Jahre hätten deutlich gemacht, dass Naturgefahren immer größer werden. In Österreich haben Stürme, Hochwasser, Schneedruck und Hagel zugenommen. Um die Versicherbarkeit von Naturgefahren gewährleisten zu können, brauche es die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Public-Private-Partnership-Modelle, wie sie bereits in anderen europäischen Ländern erfolgreich umgesetzt werden „Die österreichischen Versicherungen stehen hier als erfahrener Partner für eine Lösung zur Verfügung“, so Kurt Svoboda.
Bild: ©Coloures-Pic – stock.adobe.com
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