Was „FinTechs“ für die Bankenwelt sind, sollen „InsurTechs“ für die Versicherungsbranche werden. Eine echte Bedrohung für Versicherer und Vertriebe – oder eher viel Lärm um nichts? Nicht überbewerten oder unterschätzen sollte man die neuen digitalen Marktplayer, sondern von ihnen lernen, meint der Unternehmensberater und Experte für digitale Finanzberatung Marco Habschick.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 04.08.2016
Start-ups mit technologiebasierten Versicherungsangeboten haben einen „längst überfälligen Strukturwandel in der Versicherungsbranche ausgelöst“, heißt es im aktuellen „InsurTech-Radar“ der Managementberatung Oliver Wyman und des Versicherungsmaklers Policen Direkt. InsurTechs, im Jahr 2015 weltweit gefüttert mit 2,7 Mrd. US-Dollar Risikokapital, könnten laut Studie selbst Versicherungsriesen in arge Bedrängnis bringen.
Angebote decken nur einen kleinen Ausschnitt
Ihr Potenzial schöpfen sie aber derzeit bei weitem nicht aus, die Erfolgsquote von Start-ups im Finanzbereich ist verschwindend gering. „Die Gründe liegen mit daran, dass diese Angebote nur Mini-Ausschnitte der Wertschöpfungskette abdecken und für den Kunden damit schlicht nutzlos bleiben“, weiß Marco Habschick. Dennoch sollten „klassische“ Marktteilnehmer einen Blick auf InsurTechs werfen. „Nur Mantra-artig von ‚Digitalisierung‘ zu sprechen, reicht nicht aus. Man muss Digitalisierung verstehen“, so der Experte. „Und hier machen FinTechs und InsurTechs definitiv etwas richtig.“
Neuer Ansatz: durch Ausprobieren möglichst rascher Markteintritt
Was man von FinTechs bzw. InsurTechs lernen kann? Für Habschick ist es vor allem ihre „neuartige Denk- und Arbeitsweise.“ Praktisch alle diese neuen Anbieter folgen dem „Lean Start-up“-Ansatz („schlankes Gründen“), der seit einigen Jahren aus den USA zu uns herüberschwappt. „Er setzt auf das Prinzip ‚Versuch und Irrtum‘ und ermöglicht durch systematisches Ausprobieren, Auswerten und Nachjustieren einen schnellen Markteintritt bei stark verringertem Risiko.“
In Schnittstellen denken, auf Kernleistung konzentrieren
Dringend zur Nachahmung empfiehlt der Unternehmensberater auch die „Schnittstellen- und Plattformdenke“. „Wie würden Google oder Amazon das machen?“, sei zur festen Arbeitsfrage bei InsurTechs geworden. Die Antwort laute fast immer: „Baue dein Angebot zu einer Infrastruktur für Dritte aus! Denke in Schnittstellen und Webservices!“ Und übertragen auf Vermittler: „Konzentriere dich auf deine Kernleistung und binde alles andere von Dritten ein!“
Große Konzerne beginnen zu lernen
Wenn die großen Versicherer nun verstärkt Inkubatoren (also „Brutstätten“ zur Entwicklung und Erprobung von InsurTechs) aufbauen, zeige das laut Habschick, dass die Branche beginnt, von den disruptiven Akteuren zu lernen. „Mit den riesigen Kundenzahlen der Konzerne bekommt die dringend überfällige Digitalisierung der Versicherungs- und Finanzwirtschaft jedenfalls eine realistische Chance.“
Quelle: AssCompact Deutschland; bearbeitet durch Redaktion Österreich
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