Ein vom Vermögensberater vermitteltes Investment bringt nicht den gewünschten Erfolg. Die Anleger stellen Forderungen, der Vermögensschadenhaftpflichtversicherer springt ab. Hat der Berater grob fahrlässig gehandelt?
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 29.07.2019
Der Kläger, ein staatlich geprüfter Vermögensberater, vermittelte seinen Kunden Geschäftsanteile an einer deutschen GmbH, deren Geschäftsgegenstand die Entwicklung, Produktion und der Vertrieb einer Pyrolyseanlage ist. Nach den Informationen des Klägers war die patentierte Anlage einzigartig, funktionstüchtig und marktreif, weshalb er das Investment für risikolos hielt. Ein Totalverlustrisiko oder Konkursszenario war daher bei der Beratung kein Thema. Die Risikoanlegerprofile und Beratungsprotokolle füllte der Kläger meistens in Abwesenheit der Anleger aus, ohne sie von diesen unterschreiben zu lassen.
Mangelhafte Dokumentation
Als die versprochenen Ausschüttungen ausblieben, wandten sich im Juli 2015 die ersten Investoren an den Vermögensberater. Dessen Vermögensschadenhaftpflichtversicherung lehnte jedoch die Deckung ab, weil die Anlegerprofile und Beratungsprotokolle nicht von den Anlegern unterschrieben worden seien. Zudem sei der Vermögensberater auch Vorsitzender des Vertriebsmanagements der GmbH, was keine versicherte Tätigkeit darstelle. Es steht nicht fest, ob der Kläger den Versicherer je darüber aufklärte, tatsächlich nicht Vertriebsvorstand der GmbH gewesen zu sein, was er lediglich zu Werbezwecken behauptet hatte.
Kläger und Nebenintervent gegen Versicherer
Ende März 2016 wurde der Kläger über den Rechtsanwalt des Nebenintervenienten, der auch alle anderen Anleger vertritt, aufgefordert, jeweils 100.000 Euro zuzüglich der Kosten des Einschreitens von 2.400 Euro zu bezahlen oder einen vollstreckbaren Notariatsakt über diesen Betrag abzuschließen.
Der Vermögensberater anerkannte ohne vorherige Rechtsberatung die Ansprüche aller Anleger in einem vollstreckbaren Notariatsakt. Er klagte den Versicherer nun auf die Feststellung, dass dieser ihm gegenüber im Zusammenhang mit der Vermittlung von Geschäftsanteilen der GmbH Deckung zu gewähren habe, sowie die Zahlung von 35.000 Euro an den Nebenintervenienten.
„Kein Zweifel“ an Obliegenheitsverletzung
Erst- und Berufungsgericht wiesen die Klage ab. Der OGH (7Ob228/18g) schloss sich diesem Urteil an. Das Totalverlustrisiko sei bei Unternehmensbeteiligungen in der Privatwirtschaft – vor allem bei solchen, die wie hier erst der Kapitalaufbringung für die Einführung eines ganz neuen Produkts dienen – geradezu typisch und aus der Sicht des Anlegers für die Risikobeurteilung maßgeblich. Das Verschweigen des Totalverlustrisikos und die Darstellung als risikoloses Investment seien dem Kläger nicht nur als schuldhaft, sondern als grob fahrlässig vorzuwerfen. An einer Obliegenheitsverletzung nach Art III Z 2 FinanzPl-Ö, die eine Leistungsfreiheit des Versicherers begründet, bestehe daher kein Zweifel.
Zum Anspruch des Nebeninterventen stellte der OGH fest: Der Versicherungsnehmer könne bei Leistungsfreiheit keine Leistung an den Geschädigten fordern und auch nicht die Feststellung der Leistungspflicht im Verhältnis zum Geschädigten begehren. Vielmehr sei es Aufgabe des Geschädigten, diesen Anspruch durch Pfändung und Überweisung oder im Wege einer allenfalls vorgesehenen Direktklage gegen den Versicherer geltend zu machen. Die Vorinstanzen haben daher auch das zweite, auf Leistung an den Nebenintervenienten gerichtete Eventualbegehren zutreffend abgewiesen.
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