Der Krieg in der Ukraine und die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland haben bisher einschneidende Auswirkungen auf die Versicherungswirtschaft mit sich gebracht. Versicherungsmakler, die mit in der Ukraine und in Russland gelegenen Risiken zu tun haben und zu deren Kunden russische juristische oder natürliche Personen zählen, seien daher verpflichtet, sich mit diesen Auswirkungen auseinanderzusetzen, warnt Mag. Andreas Krebs, Präsident des VÖVM.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 31.03.2022
Von Mag. Andreas Krebs, Präsident des VÖVM
Versicherung von Risiken in der Ukraine
Das gesamte Staatsgebiet der Ukraine ist laut versicherungstechnischer Definition als Kriegsgebiet einzustufen, für die Gebiete Krim, Luhansk und Donezk gelten zudem strenge Sanktionen.
Versicherungsverträge laufen im Falle eines Krieges grundsätzlich bis zu ihrem natürlichen Ablauf weiter, jedoch ist die Deckung als sehr eingeschränkt zu beurteilen, da Schäden in direktem oder indirektem Zusammenhang mit Kriegsereignissen in nahezu allen Sparten ausgeschlossen sind. Ein Graubereich ergibt sich zudem bei an sich weiterhin gedeckten Schäden, wenn Obliegenheiten als Voraussetzung zur Leistung durch den Versicherer möglicherweise nicht eingehalten werden können. Dies wird von Fall zu Fall zu beurteilen sein.
Die Versicherungsunternehmen außerhalb der Ukraine sind nicht bereit, angesichts der Kriegssituation und der damit verbundenen Unwägbarkeiten für die Vertragserfüllung Versicherungsverträge zu verlängern oder zu erneuern oder Neugeschäft zu übernehmen. Versicherungsgesellschaften mit Sitz in der Ukraine arbeiten derzeit im Notbetrieb und können nur eine sehr eingeschränkte Dienstleistung bieten. Es muss daher von großen Schwierigkeiten mit der Beistellung von ordnungsgemäßem Versicherungsschutz in der Ukraine ausgegangen werden.
Versicherung von Risiken in Russland
Russland selbst ist kein Kriegsgebiet, vorhandene Deckungszusagen und Verträge haben daher grundsätzlich volle Gültigkeit. Allerdings ist Russland von Sanktionen der UNO, der EU, der USA und Großbritanniens betroffen, die u.a. ein Verbot von Versicherungsleistungen für bestimmte Personen, Unternehmen und Organisationen sowie bestimmte Waren und Produktionen (sektorale Sanktionen) beinhalten. Diese Sanktionen sind von allen Bürgern der jeweils erlassenden Staaten oder Staatengemeinschaften unter persönlicher Strafandrohung einzuhalten.
Während es nicht Aufgabe des Versicherungsmaklers sein kann, seine Kunden über die mit Warenlieferungen oder finanziellen Transaktionen verbundenen Sanktionen zu beraten, gehört es zu seinem Leistungsversprechen, über Möglichkeiten zur versicherungsmäßigen Absicherung von Risiken, soweit diese im Lichte der Sanktionen rechtlich zulässig sind, Aufklärung zu erteilen und entsprechende Maßnahmen zur Erlangung einer Versicherungsdeckung zu setzen.
Zusätzlich zu den hier kurz angesprochenen Sanktionen haben sich alle westlichen Versicherer und Rückversicherer mittlerweile dazu entschlossen, russischen Versicherern keine neue Kapazität anzubieten. Die Russische Föderation hat darauf zu Beginn dieser Woche reagiert und ihrerseits die Zusammenarbeit von russischen Versicherern mit ausländischen Partnern – also Versicherern und Versicherungsmaklern – aus „unfreundlichen Ländern“, darunter allen EU-Mitgliedern, bis Ende dieses Jahres untersagt. Somit ist Russland vom internationalen Versicherungsmarkt isoliert. Die großen internationalen Versicherungsmakler haben sich in der Folge aus Russland zurückgezogen, die Versicherer mit Tochtergesellschaften in Russland werden höchstwahrscheinlich folgen.
Wenn nun die Interessen österreichischer Kunden in Russland Versicherungsschutz benötigen, empfiehlt sich nur die Kontaktaufnahme der österreichischen Firmenvertreter vor Ort mit einem russischen Versicherungsmakler, der sodann die benötigte Deckung besorgen kann. Denn auch aus EU-Sicht dürfen Versicherungsmakler, aber auch andere Unternehmen, mit den meisten russischen Versicherern nicht in Kontakt treten, da diese auf der Sanktionsliste stehen, also das oben Gesagte gilt. Der russische Versicherungsmarkt besteht aus einer Reihe professioneller Versicherer, die nun von der staatlichen Rückversicherungsgesellschaft unterstützt werden, so dass eine vernünftige Versicherungsdeckung darstellbar erscheint. Dabei ist aber zu bedenken, dass die Versicherung nur in Rubel möglich ist, wahrscheinlich geringere Versicherungssummen erhältlich sind als die unter Umständen benötigten und auch die Finanzkraft dieser Versicherer in Zukunft unter den Sanktionen leiden wird.
Es wird derzeit noch geprüft, ob Kapazitäten für österreichische Interessen in der Ukraine und Russland bei österreichischen oder westlichen Versicherern im Rahmen eines Bilanzschutzes (sog. FINC-Klausel) erhältlich sind, die Erwartungen müssen im Augenblick als eher gedämpft eingestuft werden.
Versicherung russischer Interessen in Österreich
Das weiter oben beschriebene Sanktionsgebot verlangt auch die Überprüfung von russischen Interessen in Österreich. In den Medien war schon von Beschlagnahmungen des Besitzes von Oligarchen am Mittelmeer oder in Großbritannien zu lesen. In diesem Sinne ist auch die Bereitstellung von Versicherungen in Österreich an sanktionierte Personen oder Firmen untersagt. Sollten sich ich einem Bestand sanktionierte Personen finden, muss sich auch der Versicherungsmakler, am besten in Abstimmung mit den betroffenen Versicherungsgesellschaften, von diesen Personen oder Firmen zurückziehen und die Geschäftsbeziehung beenden. Im Zweifelsfall erteilen Institutionen wie die WKO oder das Wirtschaftsministerium Auskunft darüber, ob eine Person oder Firma tatsächlich den Sanktionen unterliegt. Es wird aber erwartet, dass eine Vorwegprüfung auf Grundlage der veröffentlichten Sanktionslisten erfolgt.
Weißrussland (Belarus)
Der Umfang wirtschaftlicher Verflechtungen zwischen Österreich und Weißrussland ist zwar deutlich geringer als jener der Beziehungen zu Russland, aber es ist davon auszugehen, dass einerseits die Sanktionen immer stärker auch auf dieses Land angewendet werden und sich andererseits die westliche Versicherungswirtschaft vollständig aus der Kooperation mit lokalen Versicherern zurückziehen wird.
Foto oben: Mag. Andreas Krebs, Präsident des VÖVM
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