Die IDD-Umsetzung wird weitreichende Folgen auf den Vertrieb haben. Auch in anderen Bereichen warten Herausforderungen – etwa in der Berufsunfähigkeits- und Pflegevorsorge, die nach wie vor unterschätzt werden. AssCompact hat darüber mit Mag. Hermann Fried, Vertriebsvorstand der Wiener Städtischen Versicherung Vienna Insurance Group, gesprochen.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 03.11.2017
Das Jahr 2017 war geprägt von der Diskussion um die Umsetzung der IDD in nationales Recht. „IDD wird den Vertrieb in weiten Teilen verändern, den Produktentwicklungsprozess neu definieren und zusätzliche Anforderungen an die Dokumentation des Beratungsablaufs stellen“, sagt Fried. „Neu ist zudem die Definition von Zielmärkten: Der Versicherer hat festzulegen, welche Produkte an welche Gruppen von Personen verkauft werden sollen/dürfen – der Kunde muss ganzheitlich betrachtet und seine Gesamtrisikosituation erfasst werden – der Berater hat dieser Zielmarktdefinition zu folgen.“
Als „erfreulich“ sieht der Vertriebsvorstand, dass kein Provisionsverbot kommt. Damit sei sichergestellt, dass Beratung weiterhin für alle verfügbar ist. „Gäbe es nur mehr Honorarberatung, würde das Risiko von Fehlkäufen aufgrund der fehlenden Beratung – wie in Großbritannien – deutlich steigen.“
Staat lehnt zwei Drittel der Anträge ab
Bisher haben nur rund 5% alle Erwerbstätigen in Österreich eine private Berufsunfähigkeitsvorsorge abgeschlossen. „Das Risiko, berufsunfähig zu werden, ist hoch und wird in Österreich noch immer stark unterschätzt. Dazu kommen die Eintrittsbarrieren in die staatliche Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspension: Jährlich werden rund zwei Drittel aller Anträge abgelehnt.“ Die Zuerkennung zu einer staatlichen Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension sei schwierig – „und wenn eine Leistung zugesprochen wird, dann ist sie nur sehr gering“.
Pflegeregress abgeschafft – Vorsorge dennoch sinnvoll
Ein ebenso verdrängtes Risiko sei jenes der Pflegebedürftigkeit – obwohl die Wahrscheinlichkeit als Folge der höheren Lebenserwartung immer größer werde. „Dazu kommen steigende Frauenerwerbsquoten, immer mehr Single-Haushalte und höhere räumliche Mobilität der Jüngeren, all das erhöht den Bedarf an professioneller Pflege eklatant. Den Menschen wird das Risiko erst bewusst, wenn jemand innerhalb der Familie von diesem Thema betroffen ist.“
Auch nach der Abschaffung des Pflegeregresses sprechen für Fried „zahlreiche Argumente“ für eine private Pflegevorsorge: „Jeder möchte, so lange es geht, in den eigenen vier Wänden gepflegt werden, respektive kann man sich, wenn das nicht mehr möglich ist, eine Seniorenresidenz leisten statt in einem staatlichen Pflegeheim gepflegt zu werden.“
Das Titelinterview erscheint in der nächsten AssCompact-Ausgabe.
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