Finanzielle Streitigkeiten können schnell emotionale Konflikte auslösen. Mit der rekordhohen Inflationsrate ist das Leben zuletzt deutlich teurer geworden, wodurch viele Personen den Gürtel noch enger schnallen müssen. Vor diesem Hintergrund erläutert Finanzexpertin Eva-Maria Weidl vom Österreichischen Verband Financial Planners, wie Paare ihre Finanzen am besten regeln.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 07.07.2022
Mit dem Partner bzw. der Partnerin teilt man alles? Die Realität sieht anders aus, denn einer aktuellen Studie zufolge wird in Beziehungen nicht immer offen über Finanzielles gesprochen. Nur rund zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher wissen, wie viel der derzeitige Lebenspartner bzw. die Lebenspartnerin verdient. Und davon hat nur rund jeder und jede Zweite (55%) die Höhe des Gehaltes von sich oder ihr aus erzählt. Geld und Liebe ist ein schwieriges Thema. Es dreht sich selten um die reinen Beträge, sondern um viel mehr: was man selbst und die eigene Arbeit wert ist. Es geht um Unabhängigkeit, Sicherheit und Vorsorge. Die Planung einer gemeinsamen Zukunft kann bei unterschiedlichen Vorstellungen schwierig werden. „Paare sollten sich offen über finanzielle Wünsche, Erwartungen und Ziele austauschen – und zwar am besten, wenn die Beziehung noch frisch ist, um etwaige Ungereimtheiten sofort aus der Welt zu schaffen“, ist Eva-Maria Weidl, ehrenamtlich Vorstandsmitglied des Verbandes Financial Planners und hauptberuflich Leitung Family Wealth im Bankhaus Carl Spängler, überzeugt.
Getrennte Konten
Die Frage, wer wie viel zu den gemeinsamen Finanzen beisteuert und wer für welche Ausgaben aufkommt, ist Weidl zufolge oft der erste Diskussionspunkt, der Konfliktpotential bietet. Sie empfiehlt daher, drei Konten zu führen – eines für jeden oder jede Partnerin, auf welche die jeweiligen Gehälter eingehen, und ein Gemeinschaftskonto, mit dem gemeinsame Ausgaben für Miete, Kinder oder Urlaub bestritten werden. Eines der Hauptargumente für ein gemeinsames Konto ist Transparenz. Im Falle einer Trennung kann schnell eruiert werden, wer über die Jahre hinweg was beigetragen hat. „Viele gehen irrtümlicherweise davon aus, dass jedem die Hälfte gehört. Es zählt aber, wer wie viel einzahlt. „Wenn das Konto überzogen wird, haften aber beide Parteien mit der Höhe der Gesamtschulden“, sagt Weidl. Auch im Ablebensfall mache sich ein Gemeinschaftskonto bezahlt, da der bzw. die Hinterbliebene vollen Zugriff erhält. Einzelkonten hingegen werden gesperrt, bis der Nachlass geregelt ist. Rechtliche Voraussetzungen wie eine Ehe oder eingetragene Partnerschaft braucht es für ein geteiltes Konto übrigens nicht.
Kredite
Ein weiterer „Geld-Streitpunkt“ sind Kredite, allen voran bei Immobilien. Ein Vorteil eines gemeinsamen Immobilienkredits ist, dass zwei Einkommen die Bonität erhöhen, was sich wiederum positiv auf die Konditionen niederschlägt. Darüber hinaus kann das Darlehen höher sein, da das verfügbare Haushaltseinkommen in die Berechnung der Kredithöhe einfließt. Jeder Partner und jede Partnerin muss allerdings für die Verpflichtungen des anderen einstehen und haftet für die volle Kreditsumme. Für die Bank spielt es keine Rolle, wer eigentlich in welchem Umfang die Raten aufbringen müsste und wer im Grundbuch als Eigentümer oder Eigentümerin der Immobilie eingetragen ist. „Daher ist es umso wichtiger, sich nicht zu überfordern und tägliche Lebenskosten sowie unangenehme Eventualitäten, wie etwa Berufsunfähigkeit aufgrund von Krankheit oder Verletzungen, nicht auf die leichte Schulter zu nehmen“, rät Weidl. Laut den neuen Vergabekriterien für Immobilienkredite, die mit Juli in Kraft getreten sind, müssen künftig 20% des Kaufpreises (inklusive Nebenkosten) in Form von Eigenkapital vorgewiesen werden.
Vorsorge schützt vor der Armutsfalle
Im Fall einer Trennung oder eines unvorhergesehenen Todesfalls, ist Vorsorge besonders wichtig. „In einer gesunden Beziehung tragen beide zur finanziellen Unabhängigkeit des jeweiligen Partners bzw. der Partnerin bei. Eine sehr gute Absicherung, die noch kaum bekannt ist und viel zu wenig genutzt wird, bietet das Pensionssplitting“, verrät die Finanzberaterin. Wenn etwa der Mann erwerbstätig ist und der Frau die Betreuung der gemeinsamen Kinder obliegt, erhält die Frau vom Kalenderjahr der Geburt bis zum siebenten Lebensjahr des Kindes eine Pensionsteilgutschrift von den Pensionsansprüchen des Partners, die ihre eigene Pension erhöht. Der Antrag muss bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr des jüngsten Kindes gestellt werden. Abschließend empfiehlt die Expertin, bei allen finanziellen Vorhaben als Paar auf qualifizierte Beratung zu setzen – nicht nur um etwaige Fehler zu vermeiden, sondern auch um die individuellen Lebenssituationen bestmöglich zu berücksichtigen. Denn im aktuell schwierigen Wirtschaftsumfeld ist Finanzplanung wichtiger denn je, egal ob allein oder in der Gemeinschaft.
Foto oben: Eva-Maria Weidl, Vorstandsmitglied des Verbandes Financial Planners; © Bankhaus Carl Spängler
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