Die relativ geringe Finanzkompetenz der Österreicher wirkt sich auch auf die Pensionsvorsorge aus. Eine Studie in Österreich und der Schweiz zeigt, dass die heimischen Befragten nicht nur Wissenslücken haben, sondern auch viel weniger Eigeninitiative für die eigene Absicherung ergreifen.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 21.02.2017
Wissenschaftler der FH St. Pölten und der Hochschule Luzern haben untersucht, wie sich Finanzkompetenz (Financial Literacy) auf die Pensionsvorsorge und das Anlageverhalten auswirkt. Zu Financial Literacy gehört einerseits Basiswissen über Finanzprodukte und -märkte, andererseits die Fähigkeit, dieses Wissen anzuwenden. Wer „financially literate“ ist, kann beispielsweise beurteilen, wie sich die Inflation auf die eigenen Ersparnisse auswirkt, welche Finanzprodukte unter den aktuellen Bedingungen sinnvoll sind oder wie sich Wechselkursänderungen bei Fremdwährungskrediten auswirken. Andere können genau dies nicht – und laufen Gefahr, Fehlentscheidungen zu treffen.
Zwei Drittel der Österreicher sorgen privat nicht vor
Für die Studie wurden 442 Personen, davon 336 in Österreich und 106 in der Schweiz, befragt. Fazit: Wer besser über Finanzen Bescheid weiß, sorgt auch eher für die eigene Pension vor. Die österreichischen Erwerbstätigen kennen sich in Finanzfragen relativ schlecht aus und überschätzen ihr Wissen tendenziell. Während in der Schweiz mehr als die Hälfte alle 16 Fragen richtig beantworten konnte, waren es in Österreich nur knapp 36%. Dies scheint sich auch auf die Pläne zur privaten Pensionsvorsorge auszuwirken: Mehr als 50% der Schweizer sorgen vor, in Österreich treffen fast zwei Drittel der Befragten keine zusätzlichen Vorsorgemaßnahmen.
Finanz-Angestellte treffen nicht mehr Vorsorgemaßnahmen
Unterschiede zeigen sich auch zwischen Geschlechtern, Altersgruppen und Bildungsniveaus. Frauen, Jüngere sowie Menschen mit geringem Einkommen und niedrigerer Bildung schneiden beim Finanzwissen signifikant schlechter ab. Überraschend ist, dass Angestellte des Finanzsektors – die naturgemäß auf diesem Gebiet besser Bescheid wissen – nicht häufiger Maßnahmen zur privaten Pensionsvorsorge setzen als Angestellte anderer Wirtschaftssektoren. Ältere Menschen planen hingegen eher vor als jüngere.
Geldanlage ist aber auch ein kulturelles und stark länderspezifisches Phänomen. „In Österreich gehen eher nur jene an die Börse, die über mehr Finanzwissen verfügen“, sagt Monika Kovarova-Simecek, FH-Dozentin am Department Medien und Wirtschaft der FH St. Pölten und Co-Autorin der Studie. „Im Allgemein sind die Menschen den Börsen gegenüber skeptisch eingestellt.“ In der Schweiz sei diese Affinität allerdings unter allen Befragten höher, unabhängig vom Stand des Finanzwissens.
Finanzwissen ins Bildungssystem intergieren
Da die Pensionsvorsorge zunehmend vom Staat in die Privatsphäre verschoben wird, raten die Autorinnen der Studie dazu, das Finanzwissen zu fördern. Um den eigenen Lebensstandard in der Pension aufrecht zu erhalten, könne vor allem für jüngere Generationen ein Mindestmaß an Finanzkompetenz entscheidend sein. Studienautorin Kovarova-Simecek hält es angesichts der internationalen Unterschiede für sinnvoll, Finanz- und Wirtschaftsthemen wie etwa Basiswissen zu gängigen Finanzprodukten, deren Risiken und potentiellen Erträgen „möglichst früh“ ins Bildungssystem zu integrieren.
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