Der Kläger trat sich im Restaurant eines öffentlichen Schwimmbades einen Glassplitter ein, der operativ entfernt werden musste. Haben Betreiber und Pächter ihre Sorgfaltspflichten verletzt?
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 15.04.2019
Der Kläger war barfuß im Gastronomiebereich eines öffentlichen Schwimmbads unterwegs, als er sich einen etwa elf Millimeter großen Glassplitter eintrat. Nachdem er diesen mit einer Pinzette entfernt hatte, litt er weiterhin mehrere Tage unter Schmerzen. Schließlich musste ihm ein Rest des Fremdkörpers operativ entfernt werden. In der Folge kam es zu diversen Komplikationen, unter anderem einer Wundheilungsstörung und einer notwendigen Revisionsoperation der instabilen Narbe.
Klage gegen Schwimmbad-Betreiber und Pächter
Der Mann klagte die Marktgemeinde, die das Schwimmbad betreibt, sowie den Pächter des Gastronomiebetriebs auf rund 6.000 Euro Schmerzensgeld und Verdienstentgang sowie die Feststellung der Haftung für Spät- und Dauerfolgen des Unfalls.
Das Erstgericht wies die Klage ab, das Berufungsgericht sprach dem Kläger den geforderten Schadenersatz zu. Der Oberste Gerichtshof (9Ob58/18x) gab der Revision der Beklagten Folge.
Wäre Glassplitter bei Kontrolle aufgefallen?
Der Inhaber eines Geschäfts habe die seiner Verfügung unterliegenden Anlagen in einem verkehrssicheren und gefahrlosen Zustand zu halten. Das Bestehen einer Sorgfaltspflicht und deren Verletzung sowie die Kausalität der Sorgfaltsverletzung für den Schaden habe der Geschädigte zu beweisen.
In diesem Fall konnte nicht geklärt werden, wann und wie der Glassplitter auf den Boden des Schwimmbad-Lokals gelangt war und ob er bei Kontrollgängen wahrnehmbar gewesen wäre. Ist ein objektiv vertragswidriges Verhalten nicht festzustellen, sei nach der Rechtsprechung die Beweislastumkehr auch bereits dann anwendbar, wenn der Geschädigte beweist, dass nach aller Erfahrung die Schadensentstehung auf ein wenigstens objektiv fehlerhaftes Verhalten des Schädigers zurückzuführen ist.
„Überspannung der Verkehrssicherungspflichten“
Allein das Vorhandensein eines Glassplitters deutet für den OGH noch auf kein rechtswidriges Verhalten hin. Ein solcher könne nämlich auch bei zumutbar sorgfältigen Kontrollen unentdeckt bleiben. Zu verlangen, dass die Kontrolle in einer Art ausgeweitet wird, dass jeder herabfallende Gegenstand und jeder kleine Splitter jederzeit erkannt und beseitigt werden kann, würde eine Überspannung der Verkehrssicherungspflichten darstellen und auf eine vom Gesetz nicht vorgesehene, vom Verschulden unabhängige Haftung hinauslaufen.
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