Da Facebook ihnen die Einsicht in den Account ihrer verstorbenen Tochter verwehrt hatte, zogen die Eltern vor Gericht. Nun hat das Berliner Kammergericht in einem Berufungsverfahren eine Einigung beider Parteien angeregt.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 28.04.2017
Nachdem ihre minderjährige Tochter im Jahr 2012 ums Leben gekommen war, wollten die Eltern Zugriff auf das Facebook-Konto des Mädchens. Sie hofften, Hinweise zu den Todesumständen in den Chatnachrichten zu finden. Als ihnen der Facebook-Konzern den Zugriff verweigerte, landete der Fall vor Gericht, wie Spiegel Online berichtet. Laut Facebook wären durch die Einsicht in die Nachrichten auch andere Nutzer betroffen, die mit der damals 15-Jährigen gechattet hätten – im Glauben, die Kommunikation würde privat bleiben. Das Facebook-Konto der Verstorbenen befindet sich derzeit in einem „Gedenkzustand“.
Erste Instanz sah Vertrag mit Facebook als Teil des Erbes an
Das Berliner Landgericht hatte in erster Instanz 2015 im Sinne der Mutter entschieden. Die Richter waren der Auffassung, dass der Vertrag mit Facebook Teil des Erbes sei. Sie wollten den digitalen Nachlass nicht anders behandelt sehen als Briefe oder Tagebücher. Das Persönlichkeitsrecht des verstorbenen Kindes stehe der Entscheidung nicht entgegen. Eltern dürften als Sorgeberechtigte erfahren, worüber ihr minderjähriges Kind im Internet kommuniziere – zu Lebzeiten und nach dessen Tod.
Facebook war in Berufung gegangen
Nachdem das Unternehmen gegen das Urteil in Berufung gegangen war, landete der Fall vor dem Berliner Kammergericht. Laut Spiegel Online handle es sich für Experten um das Verfahren als erstes in Deutschland, das sich unter anderem mit der grundlegenden Frage beschäftigt, ob ein Facebook-Account vererbbar ist.
Grundsätzlich rückt der Erbe in die Position des Verstorbenen, argumentierten die Richter. Das gelte aber nicht für alle Verträge. Es sei nicht auszuschließen, dass mit dem Tod des Nutzers auch die Zugangsberechtigung für ein Facebook-Konto erlöschen müsse. Selbst wenn man die Vererbbarkeit generell verneint, bleibe dennoch die Besonderheit des konkreten Falls, da das Mädchen minderjährig war. Das Gericht erklärte: „Es gibt zwar Schutzpflichten der Eltern im Sinne der Sorgeberechtigung, allerdings könnten diese Schutzpflichten auch mit dem Tod erlöschen, sodass diese besonderen Umstände möglicherweise keinen Einfluss haben.“
Frist zur Einigung läuft
Das Berliner Kammergericht schlug beiden Parteien eine Einigung innerhalb einer Frist von zwei Wochen vor. Andernfalls wollen die Richter ihr Urteil am 30. Mai verkünden. Beide Parteien behielten sich vor, bei einer Niederlage vor den Bundesgerichtshof nach Karlsruhe zu ziehen.
Quelle: AssCompact Deutschland; bearbeitet durch Redaktion Österreich
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