Der Oberste Gerichtshof (OGH) beschäftigte sich erneut mit der Erfolgsaussichtenprüfung durch den Rechtsschutzversicherer. Es ging dabei um einen Streit gegen einen anderen Rechtsschutzversicherer, der die Deckung aufgrund eines zeitlichen Risikoausschlusses verweigerte.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 23.01.2019
Von Ewald Maitz, MLS
Der Versicherungsnehmer ist Vermieter. Sein Mieter kündigte den Mietvertrag mit dem Versicherungsnehmer per 25. Juni 2015. Am 11. Dezember 2015 schloss der Versicherungsnehmer mit dem Versicherer A eine Liegenschaftsrechtsschutzversicherung ab. In der Folge kam es zu einem Rechtsstreit mit dem Mieter wegen Rückstellung des Mietobjekts in vereinbarungswidrigem Zustand. Der Rechtsschutzversicherer A lehnte die Deckung ab, weil Willenserklärungen oder Rechtshandlungen des Versicherungsnehmers, des Gegners oder eines Dritten, die vor Versicherungsbeginn vorgenommen wurden und den Versicherungsfall auslösen, den Versicherungsschutz ausschließen. Der Versicherer A sah in der Kündigung durch den Mieter eine solche Willenserklärung bzw. Rechtshandlung.
Keine Deckung für Prozess gegen Versicherer
Der Versicherungsnehmer hatte eine weitere Rechtsschutzversicherung bei Versicherer B. Er wollte Deckung aus dieser Rechtsschutzversicherung für den Deckungsprozess gegen den Versicherer A. Versicherer B lehnte die Deckung wegen mangelnder Erfolgsaussichten ab. Der Versicherungsfall liege in der Rückstellung des Mietobjekts in angeblich vereinbarungswidrigem Zustand. Die Ablehnung der Deckung durch den Versicherer A sei zutreffend und beruhe auf dem in den Bedingungen geregelten Ausschluss (Willenserklärungen und Rechtshandlungen vor Vertragsabschluss). Die Rechtsschutzdeckung des Versicherers A gerichtlich zu erzwingen, sei daher aufgrund der vorliegenden Sach- und Rechtslage aussichtslos.
Mangelnde Erfolgsaussichten?
Rechtsschutzversicherer B kann die Deckung für den Deckungsprozess gegen den Rechtsschutzversicherer A laut OGH (OGH 7 Ob 123/18s; versdb 2018, 74) nicht wegen mangelnder Erfolgsaussichten ablehnen.
Der Ausgang des zu deckenden Rechtsstreits mit Versicherer A hängt davon ab, ob die Aufkündigung des Mieters im Sinn des Art 3.2 ARB 2003 eine vor Versicherungsbeginn vorgenommene Willenserklärung darstellt, die den Versicherungsfall – hier die Verletzung der Rückstellungsverpflichtung – auslöste. Bereits der Umstand, dass die – auch vom Berufungsgericht im Deckungsprozess gegen A in seiner Zulassungsbegründung als erheblich erachtete – Rechtsfrage der Auslegung des Art 3.2 ARB 2011 als revisibel beurteilt wurde, zeigt, dass das Auslegungsergebnis nicht als so eindeutig anzusehen war, dass keine Auslegungszweifel verbleiben konnten.
Ablehnung schwer möglich
Wieder einmal zeigt sich, dass es für den Versicherer nur sehr schwer möglich ist, die Rechtsschutzdeckung wegen mangelnder Erfolgsaussichten abzulehnen. Dies ist insofern nachzuvollziehen, da letztlich das Gericht über den Rechtsstreit entscheiden muss und nicht der Rechtsschutzversicherer.
Was die Streitigkeit mit Versicherer A betrifft, zeigt sich auch wieder, wie problematisch das Thema der Willenserklärungen und Rechtshandlungen vor Vertragsabschluss nach wie vor ist. In diesem Zusammenhang ist ein noch sehr junges Urteil des Bundesgerichtshofes in Deutschland, der diesen zeitlichen Risikoausschluss als intransparent einstufte, interessant. Interessant wird vor allem sein, wie der OGH dies in Zukunft beurteilt.
Der Artikel erscheint auch in der AssCompact Februar-Ausgabe.
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