Tobias Kohl (Chief Customer Officer der Wüstenrot Gruppe), Kurt Möller (Mitglied des Vorstands der Zürich Versicherungs-Aktiengesellschaft und Chief Underwriting Officer) und Mag. Christian Noistering (ERGO Vorstand Marketing und Vertriebskommunikation) sprechen im Interview über die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen in der Kfz-Versicherung.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 20.03.2024
Im vergangenen Jahr verzeichnete das Kfz-Versicherungsgeschäft bei Wüstenrot eine äußerst positive Entwicklung, wie Tobias Kohl betont: „Eine Zunahme konnte sowohl in der Anzahl der versicherten Fahrzeuge als auch bei den Prämien verzeichnet werden. Besonders erfreulich war der überaus starke Beitrag aus dem externen Vertrieb, der maßgeblich zu diesem Erfolg beitrug. Wir werden die Komplexität im Bereich der Kfz-Versicherungen weiter reduzieren, um die Angebote für unsere Kunden und Vertriebspartner noch transparenter und leichter verständlich zu machen.Die digitale Dunkelverarbeitung unseres Angebots stellt eine wichtige Weiterentwicklung des gesamten Vertriebsprozesses für uns dar. Die nahtlose Integration von digitalen Prozessen und Technologien ist unerlässlich, um den steigenden Anforderungen an die Kundenbetreuung gerecht zu werden.Ein weiterer Aspekt ist die Auswirkung der Inflation auf die Prämienkalkulation. Die kontinuierliche Anpassung an wirtschaftliche Veränderungen ist von entscheidender Bedeutung, um weiterhin wettbewerbsfähige Tarife anbieten zu können.“
Kurt Möller ist überzeugt, dass das Kfz-Versicherungsgeschäft weiterhin zunimmt und dass regionale und großflächige Unwetter, insbesondere Hagel, eine große Herausforderung darstellen: „Diese Entwicklung wird sich voraussichtlich in der Zukunft fortsetzen und intensivieren. Unsere Aufgabe besteht hier darin, den Kundinnen und Kunden ihr Grundbedürfnis der Absicherung dieser Risken zu gewährleisten und gleichzeitig das Prämienniveau auf einem akzeptablen Level zu halten. Ein weiteres Thema ist Nachhaltigkeit. Dazu gibt es auch hohe Anforderungen seitens EU und Gesetzgebung. Wir haben die Taxonomie fest in der Produktentwicklung verankert, es ist aber trotzdem eine Herausforderung. Natürlich beschäftigen uns auch die besonders hohen Reparaturkosten. Und wir sehen, dass sich die Kundenbedürfnisse gerade sehr ändern: Elektromobilität, Abo-Modelle und Carsharing werden immer beliebter. Bei der Zusammenarbeit mit unseren Maklerpartnern sehen wir eine starke Entwicklung hin zu Schnittstellen, die Arbeitsabläufe vereinfachen und automatisieren. Wir unterstützen das gerne und haben seit Jahresbeginn eine Partnerschaft mit TOGETHER CCA.“
Mag. Christian Noistering zeigt sich ebenfalls zufrieden mit der Geschäftsentwicklung der ERGO Kfz-Sparte im Jahr 2023. „Herausforderungen für Versicherer und Makler sehe ich im gemeinsamen Bemühen, die auch inflationsbedingte Steigerung der Schadenkosten in einem vernünftigen Rahmen zu halten. Dabei sind innerhalb eines Jahres sowohl die Ersatzteilkosten als auch die Stundensätze in den Werkstätten sogar höher als die Inflation gestiegen. Letztere liegen teilweise bereits bei über 200 Euro netto pro Arbeitsstunde.“
„Moderne Assistenzsysteme erhöhen die Sicherheit, aber auch die Reparaturkosten“
Die steigenden Reparaturkosten im Zusammenhang mit teuren Ersatzteilen und modernen Assistenzsystemen sind ein Thema, das die Versicherungsbranche intensiv beschäftigt. Tobias Kohl weist darauf hin, dass trotz einer sinkenden Häufigkeit von Schadenfällen moderne Assistenzsysteme die Reparaturkosten erhöhen können, da selbst kleinere Schäden oft teuer sind: „Die Wahl des passenden Selbstbehalts ist hier zukünftig sicher mitentscheidend. „
Auch Mag. Christian Noistering betont, dass moderne Assistenzsysteme zwar die Sicherheit erhöhen, aber auch die Kosten für Reparaturen erhöhen: „Notbremssysteme und Aufprallwarner, um Beispiele für aktuelle Assistenzsysteme zu nennen, machen Autos auf der einen Seite immer sicherer und Unfälle seltener. Andererseits verteuern diese Einbauten neben der schon erwähnten allgemeinen Verteuerung von Ersatzteilen und Stundensätzen jede Reparatur und machen damit den Frequenzvorteil wieder zunichte. Automatisierung und Digitalisierung von Schadenprozessen sind bei uns die Stellschrauben, die Kostenstruktur insgesamt zu optimieren. Unsere Tarife sind generell darauf ausgerichtet, neue Risikoerfordernisse in risikoadäquaten und fairen Prämien darzustellen.“
Kurt Möller hebt hervor, dass die Reparaturkosten in den letzten Jahren sogar über der hohen Inflation gestiegen sind: „Das liegt sowohl an den sehr hohen kollektivvertraglichen Abschlüssen als auch an den immer teurer werdenden Ersatzteilen. Auch der Trend zu weniger, aber komplexeren Bauteilen treibt die Reparaturkosten. Ein positiver Nebenaspekt der modernen Assistenzsysteme ist allerdings, dass die Schadenfrequenz seit Jahren sinkt. Dieser Effekt mildert die überproportional steigenden Reparaturkosten. All diese Entwicklungen beobachten wir laufend. Sollte die Schere stärker aufgehen, werden wir entsprechend tariflich gegensteuern müssen.“
Lesen Sie im zweiten Teil der Interviewrunde zum Thema KFZ-Versicherung, welchen Einfluss Telematik-Technologien, autonomes Fahren und Vergleichsportale auf die KFZ-Sparte ausüben.
Das gesamte Interview lesen Sie in der AssCompact März-Ausgabe!
Foto oben v.l.n.r.: Mag. Christian Noistering (ERGO Vorstand Marketing und Vertriebskommunikation), Kurt Möller (Mitglied des Vorstands der Zürich Versicherungs-Aktiengesellschaft und Chief Underwriting Officer) und Tobias Kohl (Chief Customer Officer der Wüstenrot Gruppe)
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