Im Lauf der Jahre schleichen sich im Maklerbüro so manche Abläufe ein, die nicht (mehr) notwendig sind, sondern nur noch Zeit und Ressourcen rauben. „Lean Service“ ist ein Denkansatz, um sich auf das Wesentliche für Verkaufserfolg, Kundenservice und erforderliche Dokumentation zu besinnen.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 06.04.2018
Von Mag. Markus Waghubinger, AssCompact Investment & Finanzen*
Ein einfaches Beispiel: Ein Sachbearbeiter im Back-Office kopiert jeden Antrag dreimal und legt diese Anträge in drei Ordnern ab, bevor er das Original an die Gesellschaft übermittelt. Sie werden sich fragen: „Warum?“. Antworten in durchgeführten Detailprozessanalysen gehen dann oft in folgende Richtung: „Einmal lege ich es für mich selbst ab, falls der Antrag am Postweg verloren geht, dann einmal für Frau Mayr im Kundenordner im 1. Stock, einmal im Antragsarchiv im Keller. Und neuerdings muss ich ihn zusätzlich noch verscannen im Erdgeschoss.“
Dieses Beispiel ist so plakativ und einfach, dass es keiner weiteren Erklärung hinsichtlich des Optimierungspotenzials bedarf. Durch ständiges oder zumindest tourliches Hinterfragen der Sinnhaftigkeit der Arbeitsschritte werden solche komplizierten Alltagslösungen aufgedeckt. Sonst nicht. Da sie zum gewünschten Ergebnis der ausreichenden Dokumentation führen, entdeckt man diese Verschwendung nur bei genauem Hinsehen.
Lean-Management-Denkweisen im Dienstleistungssektor
Lean Management ist im produzierenden Gewerbe weit verbreitet, im Finanz- und Versicherungsbereich sind die Methoden und die allgemeine Denkschule eher unbekannt. Das Ziel von Lean Management ist es, Werte ohne Verschwendung zu schaffen, sich also ständig die Frage zu stellen, ob alle Tätigkeiten einen Nutzen für den internen oder externen (potenziellen) Kunden generieren, und zu eliminieren, was keinen Mehrwert stiftet oder als notwendige administrative Aufgabe zu betrachten ist. Eine sehr simple Frage, die man sich jedoch zu selten stellt: Was von dem, was ich mache, stiftet meinem (potenziellen) Kunden Nutzen, wofür ist er bereit zu bezahlen und was könnte ich ohne Wertverlust künftig entfallen lassen? Darunter sind nicht nur Tätigkeiten im Kundenkontakt, sondern im gesamten Unternehmen zu verstehen, auch im Hinblick auf externe Stakeholder wie das Finanzamt, betreffend der lückenlosen Dokumentation der Buchhaltung.
Lean Thinking ist nicht nur Chefsache
Lean Thinking, mit seinen japanischen Wurzeln, ist etwas für jeden Mitarbeiter. Man verabschiedet sich von der typisch westlichen Ansicht, dass nur Mitarbeiter in Leitungsfunktionen aktiv mitdenken, sondern sensibilisiert alle Mitarbeiter für die Vermeidung von Verschwendung. Das entspricht dem Streben nach Effizienz beim Einzelnen.
Lean Manager entscheiden daher nicht in den Chefbüros, sondern beobachten, hinterfragen und befähigen Mitarbeiter vor Ort. Der Philosophie liegt zugrunde, dass alle Stakeholder gleichermaßen befriedigt werden müssen, also auch die Mitarbeiter durch Aufwertung ihrer Tätigkeit, die Kunden durch die bestmögliche Befriedigung ihrer Bedürfnisse, die Anteilseigner durch möglichst geringe Verschwendung von Unternehmensressourcen und zuletzt muss den gesetzlichen Anforderungen genüge getan werden.
Das klingt alles weitgehend logisch und selbstverständlich, ist aber in den meisten größeren Unternehmen weit weg von der beobachteten Realität. Und so sind es genau die eigentümergeführten Klein- und Mittelstandsunternehmen, die es mit den richtigen Denkansätzen schaffen können, Effizienz und Kundenservice in idealer Balance zu halten.
Grundsätze und Anwendung für das Vermittlerbüro
Lean Ansätze sind im Grunde sehr einfach und logisch, für viele sogar Hausverstand, simple Fragen führen zu Verbesserungen bei Effizienz und Service gleichermaßen:
- Wem nützt es, was ich gerade mache?
- Für welche unserer Leistungen ist ein potenzieller Kunde bereit zu bezahlen
- Wie viel Personal muss zu welchen Zeiten vorgehalten werden damit wertschöpfende Dienstleistungen erbracht werden, können, aber auch kein Personal unbeschäftigt bezahlt wird?
- Wie kann ich Reklamationen vorbeugen?
- Werden Daten doppelt erfasst, die man auch automatisiert übernehmen könnte?
- Welches Mindestmaß an Bürokratie benötigt man, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, und wo blockiert man interne Ressourcen damit?
- Gibt es im Unternehmen Engpässe, wo die gesamte Prozessdurchlaufzeit durch einen Stau verlängert wird?
- Muss ich für die Befriedigung des Kundenbedürfnisses einen zweistündigen Termin bei ihm ansetzen oder kann das telefonisch geklärt werden?
- Wie kann ich organisatorisch/technisch Fehlern vorbeugen?
*gekürzte Version; den vollständigen Artikel lesen Sie in der AssCompact April-Ausgabe.
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