Die Alleinerbin einer verstorbenen Kundin erhält eine Leistung aus deren Lebensversicherung, fordert aber darüber hinaus auch die Differenz zum Rückkaufswert. Eine berechtigte Forderung? Damit beschäftigte sich die Rechtsservice- und Schlichtungsstelle im Fachverband der Versicherungsmakler (RSS).
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 15.09.2016
Die Kundin hat 2002 eine Lebensversicherung mit einer Laufzeit von zwölf Jahren abgeschlossen. Bei einer Einmalprämie von 75.000 Euro sollten im Erlebensfall rund 102.800 Euro, bei Ableben etwa 67.800 Euro ausbezahlt werden, jeweils zuzüglich einer allfälligen Gewinnbeteiligung.
Als die Frau 2013 starb, erhielt ihre Alleinerbin aus der Versicherung einen Betrag von 74.940 Euro inklusive Gewinnbeteiligung. Von der Versicherung forderte sie darüber hinaus die Differenz zum Rückkaufswert, der nach elf Jahren bereits knapp 99.000 Euro betrug und zwischenzeitlich weiter gestiegen sein sollte. Die Versicherung lehnte die Zahlung allerdings ab.
FMA: Todesfall-Leistung zumindest gleich hoch wie Rückkaufswert
Daraufhin wandte sich die Frau sowohl an die Finanzmarktausicht als auch an den ORF. Die FMA stellte fest, dass der bei der Kündigung ausbezahlte Rückkaufswert nicht höher als die Todesfallleistung sein sollte. Andernfalls könnte die berechtigte Erwartung des Kunden, dass die Versicherungsleistung bei Vertragsende durch Tod nicht geringer ist als bei einer Kündigung, enttäuscht werden. Diese Erwartungen werden dann nicht enttäuscht, wenn gewährleistet ist, dass die Todesfallleistung auch gegen Ende der Laufzeit zumindest gleich hoch ist wie der Rückkaufswert. Im Streitfall hätte jedoch ein ordentliches Zivilgerecht darüber zu entscheiden.
Versicherer: Rückkaufswert spielt in diesem Fall keine Rolle
Die Frau wandte sich nun per Schlichtungsantrag an die RSS, die der Versicherung die Zahlung von 25.000 Euro empfehlen sollte. Der Versicherer wies schriftlich darauf hin, dass die Leistung gemäß dem zugrundeliegenden Vertrag und Tarif ausbezahlt wurde. Da es sich um eine reine Erlebensversicherung handle, bestehe die vereinbarte Leistung im Ablebensfall aus der Prämienrückgewähr zuzüglich der Gewinnbeteiligung. Der Rückkaufswert spiele in diesem Fall keine Rolle, da der Versicherungsfall „Ableben“ eingetreten ist und somit keine vorzeitige Vertragsauflösung durch den Kunden, also ein Rückkauf, stattgefunden habe.
RSS: Glücksvertrag ist hier nicht sittenwidrig
Die RSS meint dazu: Der Versicherungsvertrag sei gemäß § 1269 ABGB ein Glücksvertrag. Dieser widerspreche etwa dann den guten Sitten – und wäre damit nichtig -, wenn die Hoffnung des noch ungewissen Vorteils nur einseitig zugunsten eines Vertragsteiles gegeben sei.
In diesem Fall sieht die Schlichtungskommission keine Sittenwidrigkeit. Für die verstorbene Kundin sei klar erkennbar gewesen, welcher Betrag an die Bezugsberechtigte bzw. die Erben gehen soll. „Wie die Antragsgegnerin zutreffend ausführt, ist es ein bestimmendes Element dieses Tarifes, dass die Erlebensleistung zu Gunsten der Ablebensleistung erhöht ist. Eine Äquivalenzstörung zwischen der einbezahlten Prämie und der der Versicherungsnehmerin versprochenen Leistung ist nicht zu erblicken.“
Der Ansicht der FMA, dass der Rückkaufswert nicht höher als die Todesfallleistung sein sollte, sei entgegenzuhalten, dass der gewählte Tarif auf dem Vertragswillen der Kundin basiert, zu Lebzeiten eine bessere Absicherung für das Alter zu erreichen. „In der der Polizze angeschlossenen Rückkaufswerttabelle sind die jeweiligen Rückkaufswerte, die jeweils höher sind als die versprochene Todesfallleistung, angeführt. Dies unterstreicht den Vertragswillen der Versicherungsnehmerin nach einer entsprechenden Absicherung für das Alter, auch wenn bereits vor Ablauf des Vertrages ein finanzieller Bedarf gegeben sein sollte.“ Die Schlichtungskommission sah daher keine Sittenwidrigkeit und wies deshalb den Schlichtungsantrag ab.
Quelle: RSS/Fachverband der Versicherungsmakler; bearbeitet von AssCompact Österreich
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