Führungskräfte leben riskant. Eine falsche Entscheidung kann einen Geschäftsführer im schlimmsten Fall wirtschaftlich ruinieren. Welche die größten Haftungsfallen sind, wollte AssCompact von D&O-Experte Dr. Georg Aichinger wissen.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 16.02.2016
Geschäftsführer haften für Fehlentscheidungen grundsätzlich mit ihrem vollen Privatvermögen. Dennoch unterschätzen viele die Bandbreite ihrer Verantwortung, so Dr. Georg Aichinger, Geschäftsführer des Spezial-Versicherungsmaklers Koban solDORA GmbH. Eine Manager-Haftpflichtversicherung kann finanzielle Schäden abfedern.
AssCompact: D&O-Versicherungen liegen im Trend – vor allem in den USA, aber immer mehr auch in Österreich. Woran liegt das?
Dr. Georg Aichinger: Die Zahl der angezeigten Schäden hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Das liegt laut Experten vor allem an einer gestiegenen Anspruchsmentalität gegenüber dem Management von Unternehmen. Aber auch zunehmende Insolvenzen und Verstöße gegen Compliance-Richtlinien haben zu mehr Schadenmeldungen geführt. Wie wichtig D&O-Polizzen mittlerweile sind, zeigt sich immer deutlicher auch bei der Personalsuche. Hochqualifizierte Bereichsleiter lassen sich oft nur gewinnen, wenn ihnen der Schutz durch eine D&O-Polizze angeboten wird.
AC: Wann können Geschäftsführer zur Haftung gezogen werden?
GA: Das ist schon bei vergleichsweisen kleinen Fehlern möglich. Viele Führungskräfte unterschätzen nach wie vor die Bandbreite der eigenen persönlichen Haftung. Auch das Fehlverhalten von Kollegen und Mitarbeitern kann eine Schadenersatzklage auslösen. Die Chefetage kann sich nicht darauf berufen, nicht zuständig oder uninformiert gewesen zu sein. Hat eine Gesellschaft mehrere Geschäftsführer, haften diese nicht nur für Fehler in ihrem eigenen Aufgabenbereich, sondern im Zweifelsfall auch für Fehler im Kompetenzbereich der Geschäftsführerkollegen. Das nennt man dann Solidarhaftung.
AC: Können Sie einige Beispiele für solche Fälle nennen?
GA: Eine verantwortliche Führungskraft haftet gegenüber der Gesellschaft etwa für fehlerhafte Vertragsgestaltungen oder Kalkulationen, eine nachlässige Durchsetzung von Zahlungsansprüchen gegenüber Dritten oder verspätete Entscheidungen, durch die dem Unternehmen hohe Folgekosten (z.B. Zinsschäden) entstehen.
Gerät das Unternehmen in finanzielle Turbulenzen, können schon kleine Fehler eine enorme Tragweite haben. Bei einem drohenden Konkurs sind für Zahlungen der Zeitpunkt, die Reihenfolge und die Aufteilung streng zu beachten. In der Praxis werden – um Arbeitnehmerlöhne auszahlen zu können – nicht selten Überweisungen an die Sozialversicherung und das Finanzamt zurückgestellt, was idR einen Pflichtverstoß darstellt und Ansprüche gegen die verantwortlichen Vertreter auslöst.
AC: Was ist nun bei einer D&O-Versicherung zu beachten?
GA: Die am Markt erhältlichen Wordings unterscheiden sich stark voneinander. Die Prämien hängen von den Bilanzzahlen, der gewünschten Deckungssummen, dem Umfang des Versicherungsschutzes und natürlich der jeweiligen Branche ab. Zu empfehlen ist auch ein Baustein, der eine vorsorgliche Rechtsberatung beinhaltet. Denn schon die Abwehr von unbegründeten Schadenersatzforderungen löst oft hohe Anwalts- und Gerichtskosten aus. Um etwaige Imageprobleme bei Haftungsfällen abzufedern, können auch die Kosten einer PR-Beratung in die Deckung inkludiert werden.
AC: Was passiert mit dem D&O-Versicherungsschutz, wenn der Geschäftsführer das Unternehmen wechselt?
GA: Nach den meisten Wordings bleibt er noch eine gewisse Zeit versichert, verlassen kann er sich darauf aber nicht. So kommt es nicht selten vor, dass der Haftpflichtschutz vom neuen Management reduziert oder gekündigt wird, nachdem der Geschäftsleiter die Firma verlassen hat. Das Risiko für den Betroffen besteht jedoch weiterhin – ganz gleich, ob er wegen Krankheit, Ruhestand oder aufgrund von Restruktuierungsmaßnahmen seinen alten Posten aufgibt.
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