Der Oberste Gerichtshof (OGH) äußerte sich zu den Grenzen der gesetzlichen Unfallversicherung. Anlass war die Klage eines Mediziners, der sich nach einer Besprechung im Biergarten beim Sprung von einer Mauer verletzte.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 24.03.2017
Der 59-jährige spätere Kläger nahm im Juli 2015 an einem Medizinkongress in München teil. Am ersten Abend kamen die Teilnehmer zu einer Begrüßungsveranstaltung in einem Biergarten zusammen. Für den späteren Kläger dauerte der Abend wesentlich länger als geplant: Er und eine Mitarbeiterin der medizinischen Gesellschaft, deren Präsident er war, besprachen den folgenden Tag, an dem er einen Vortrag halten sollten. Nach einigen Stunden – es war bereits nach Mitternacht – bemerkten sie, dass sie die letzten Gäste waren und die Biergarten bereits versperrt war. Also kletterten die beiden im Dunkeln auf die 1,80 Meter hohe Begrenzungsmauer und sprangen auf der anderen Seite wieder hinunter. Dabei zog sich der Kläger am linken Fuß eine Fersenbeintrümmerfraktur, eine Fraktur der großen Zehe sowie Prellungen zu.
Klage gegen Versicherungsanstalt abgewiesen
Die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter qualifizierte den Unfall nicht als Dienstunfall und lehnte Leistung ab. Erst- und Berufungsgericht wiesen die Klage des Mannes ab. Der OGH wies die außerordentliche Revision des Klägers wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage zurück.
Keine Deckung bei leicht erkennbarer Gefahr
Laut höchstgerichtlicher Rechtsprechung liege kein Kausalzusammenhang zur versicherten Tätigkeit, vor wenn der Unfall auf einem völlig unvernünftigen und unsinnigen Verhalten des Versicherten beruht. Damit sei die versicherte Tätigkeit nicht mehr als wesentliche Bedingung für den Unfall anzusehen. Ähnliches gilt, wenn sich der Versicherte ohne jeden inneren Zusammenhang mit seiner geschützten Tätigkeit einer leicht erkennbaren Gefahr aussetzt und von dieser Gefahr ereilt wird.
Unvernünftiges Verhalten?
Die Beurteilung, ob im konkreten Fall ein Verhalten in so hohem Maß vernunftwidrig war und zu einer solchen besonderen Gefährdung geführt hat, dass die versicherte Tätigkeit nicht mehr als wesentliche Bedingung für den Unfall anzusehen ist, habe stets nach den Umständen des Einzelfalls zu erfolgen. Das von den Vorinstanzen erzielte Ergebnis liegt im Rahmen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Zuletzt hat der Oberste Gerichtshof (10 ObS 86/15t) etwa entscheiden, bei dem Versuch, ein Haus über ein Fenster im ersten Stock mittels einer provisorisch angelegten Leiter zu betreten, bestehe kein Unfallversicherungsschutz.
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