Der Versicherungsnehmer (VN) stellte Verputze bzw. Anstriche mangelhaft her. Warum der Versicherer in diesem Fall nicht leisten muss, erklärt der Oberste Gerichtshof (OGH) in einem Urteil.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 22.10.2019
Von Ewald Maitz, MLS
Es entstand durch das Auftragen des Verputzes/Anstrichs durch Dritte auf dem Gebäude, dessen Abtragen zu einer Zerstörung führen würde, durch untrennbare Verbindung des Hauses mit dem Verputz/Anstrich – und damit einzelner nicht mehr identischer Komponenten – ein neues Sachganzes, nämlich ein nunmehr mit einer Fassade versehenes Haus.
Damit ist grundsätzlich die erweiterte Produktehaftpflichtversicherung (Tatbestand 1: Verbindung, Vermischung, Verarbeitung) anzuwenden. Der Verputz musste nachgebessert werden. Nachbesserungkosten sind im Rahmen der erweiterten Produktehaftpflichtversicherung grundsätzlich versichert. Der OGH entschied allerdings, dass im vorliegenden Fall keine Leistung durch den Versicherer erfolgt:
Nachbesserung oder Schadenbeseitigung
Bei der Nachbesserung geht es um Maßnahmen, die der Behebung des Mangels am Endprodukt dienen und das Endprodukt noch retten, sodass es nicht verworfen oder mit Preisnachlass verkauft werden muss. Bei der „anderen Schadenbeseitigung“ geht es um jene Fälle, in denen das Gesamtprodukt nicht mehr ordnungsgemäß hergestellt werden kann, aber eine Ausweichlösung zur weiteren Verwertung des Gesamtprodukts möglich ist.
Bei den hier gegenständlichen Maßnahmen der Herstellung der vom VN geschuldeten Fassadenoberfläche handelt es sich um Nachbesserungsarbeiten.
Mangelhaftes Gesamtprodukt
Erforderlich nach Abschnitt A, Z 2, Pkt 4.1.1.4 EHVB ist, dass es sich um „Schäden Dritter infolge Mangelhaftigkeit des Gesamtprodukts“ und „eine Nachbesserung des mangelhaften Endprodukts“ handelt. Diese Wortfolgen (für sich und im Zusammenhang) können von einem durchschnittlich verständigen VN nur dahin verstanden werden, dass zum einen wesentlich ist, dass die Schäden Folge der Mangelhaftigkeit des Gesamtprodukts sind und zum anderen, dass nicht (nur) das vom VN gelieferte mangelhafte Produkt nachgebessert wird, sondern das erst im Zuge der Verbindung (Verarbeitung, Vermischung) entstandene Endprodukt. Eine Nachbesserung „des Endprodukts“ liegt demnach nur vor, wenn gleichzeitig auf die anderen Produkte eingewirkt wird. Erfolgt lediglich die Nachbesserung am gelieferten Produkt, so ist der Erfüllungsbereich des Vertrags tangiert und der Versicherungsschutz ausgeschlossen.
Schäden nur als Folge der Produkte
Im vorliegenden Fall sind die Schäden Dritter lediglich in Folge der Produkte des VN entstanden. Auch die Nachbesserung bezog sich ausschließlich auf die Erzeugnisse des VN. Die Sanierung betraf nur den vom VN gelieferten Verputz/Anstrich, nur dessen oberste funktionale Schicht wurde mittels Hochdruckreinigers abgetragen. Nach einer Behandlung mit Biozid wurde wieder ein Anstrich mit NanoporColor aufgetragen. Das hier geltend gemachte Erfüllungsinteresse des VN in Form der Kosten der Nachbesserung seines Produkts wurde demnach auch vor dem Hintergrund der vereinbarten Erweiterten Produktehaftpflicht nicht in den Versicherungsschutz einbezogen.
OGH 7 Ob 81/19s, versdb 2019, 47:
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