Im zweiten Teil des Interviews mit Mario Heinisch anlässlich unserer Serie „Nischen-Player“ beantwortet der geschäftsführende Gesellschafter der Funk International Austria GmbH Fragen über die spezifischen Risiken der Pharma-Branche.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 28.04.2021
Die Pharmaindustrie ist strengen Auflagen und einer komplexen Gesetzeslage unterworfen. In welchen Bereichen liegen die gravierendsten Risiken?
In normalen Zeiten wie auch während einer Pandemie liegen die schwerwiegendsten Risiken der Pharmabranche in Fragen der Haftung, speziell im Zusammenhang mit dem Produkthaftungsgesetz. In diesem Kontext sei gesagt: Im §16 PHG ist gesetzlich vorgeschrieben, dass Hersteller – und auch Importeure – zur Deckung eventueller Schadenersatzpflichten ausreichend versichert sind. Auch M&A-Prozesse (Mergers & Acquisitions, Anm. d. Red.) können mit enormen rechtlichen Risiken einhergehen, wie man am Zusammenschluss von Bayer und Monsanto beobachten konnte.
Können Sie dazu das eine oder andere Schadenbeispiel aus der Praxis skizzieren?
International kommt es regelmäßig vor, dass nach der Übernahme Unstimmigkeiten in Bilanzen auftauchen oder Rechtsstreitigkeiten aufflammen, sodass Garantien der Sell-Side schlagend werden. Die Praxis zeigt, dass vor allem Steuer- und Compliance-Themen zu unvorhergesehenen Kosten führen, zunehmend auch zuvor unbekannte Umweltbelastungen und Patentfragen.
Ein vorausschauendes und umfängliches Versicherungsmanagement ist von zentraler Bedeutung, nicht zuletzt auch zur Wahrung des Einvernehmens zwischen den Parteien. In den letzten Jahren wurden etwa ein Drittel aller Transaktionen weltweit mit einer passenden Versicherung abgesichert – eine lohnenswerte Investition, denn zu jeder vierten Warranty & Indemnity (W & I)-Polizze erfolgte eine Schadenmeldung.
Und dann gibt es die typischen Schadensfälle, die mit der Medikamentenentwicklung und Medikamentenerprobung in klinischen Studien im Zusammenhang stehen. Eines der wohl bekanntesten und weitreichendsten Szenarien dazu dürfte der Fall Grünethal mit seinem Produkt Contergan darstellen.
Das sind Fälle, die nicht nur das Unternehmen, sondern auch den Versicherer für lange Zeit begleiten. Häufiger sind die alltäglichen Schadenfälle, wie Transportschäden an Medizinprodukten, sei es, weil ein temperaturgeführter Transport nicht funktioniert hat oder Schäden, die im allgemeinen Geschäftsbetrieb entstehen. Hier unterscheidet sich die Pharmabranche nicht von anderen Branchen. Nicht zu unterschätzen sind auch Schäden, die einem Pharmaunternehmen durch Cyberkriminalität entstehen können. Wobei wir hier nicht nur unbedingt von direkten Angriffen auf ein Pharmaunternehmen sprechen, sondern auch von Datenpannen bei Drittanbietern, derer sich die Unternehmen bedienen, um das tägliche Geschäft zu bewältigen oder die Effizienz zu verbessern.
Was braucht´s in der Pharma-Branche, damit professioneller Versicherungsschutz gewährleistet ist?
Gerade in einem Sektor, in dem Schäden schnell sehr hohe Beträge erreichen können, ist es von grundlegender Relevanz, dass ein ausreichend hoher Deckungsschutz gewählt wird. Es braucht einen pragmatischen Ansatz, um zu erkennen, welche Risiken bestehen – und diese auch richtig zu bewerten. Dafür stehen wir mit unserem bewährten Risikomanagement unseren Partnern zur Verfügung und können mit unseren Fachleuten eine konstruktive Lösung erarbeiten, die beide Seiten zufriedenstellt. Ebenso braucht es effiziente Kontrollsysteme, welche die Einhaltung der Prozesse gewährleisten. Dafür steht unser Beyond-Insurance-Modell mit innovativen IoT-Lösungen (Internet of Things, Anm. d. Red.) zur Verfügung.
Wie gestaltet sich in dieser Nische die Kooperation mit den Versicherern? Können Österreichs Versicherer alle Risiken tragen?
Die Pharmabranche ist nur von der Anzahl der zu versichernden Unternehmen her eine Nische. Die Risiken, die sich aus den Kerntätigkeiten der Pharmabranche ergeben, sind enorm. FUNK stellt hier zusammen mit österreichischen Versicherern innovative und maßgeschneiderte Lösungen zusammen und kann aufgrund der Erfahrung im weltweiten Versicherungsbereich ergänzend auf internationale Versicherer zurückgreifen.
Foto oben: Mario Heinisch, geschäftsführender Gesellschafter der Funk International Austria GmbH; © Sabine Klimpt
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