Der OGH musste zum wiederholten Male, unter Berücksichtigung der alten Rechtslage, beurteilen, ob eine ordentliche Belehrung über das Rücktrittsrecht eines abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrages nach § 165a VersVG stattgefunden hat. (7 Ob 180/21b)
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 11.02.2022
Was ist passiert?
Eine Versicherungsnehmerin schloss im Jahr 2010 eine Lebensversicherung ab. Im Versicherungsantrag, welchen sie unterfertigte, fand sich eine Rücktrittsbelehrung nach § 165a VersVG.
In der Polizze selbst wurde von der Versicherung über die Rücktrittsrechte nach § 5b VersVG und § 8 FernFinG informiert. Eine Information zum Rücktrittsrecht nach § 165a VersVG war in der Polizze nicht mehr enthalten. Diesen Umstand erachtete die Versicherungsnehmerin als irreführend und widersprüchlich, weshalb sie von einer nicht gehörigen Rücktrittsbelehrung ausging und folglich im Jahr 2018 den Vertragsrücktritt erklärte. Dies akzeptierte die Versicherung nicht.
Wie ist die Rechtslage?
Im vorliegenden Rechtstreit hatte der OGH (7 Ob 180/21b) zum wiederholten Male unter Berücksichtigung der alten Rechtslage zu beurteilen, ob eine ordentliche Belehrung über das Rücktrittsrecht nach § 165a VersVG stattgefunden hat.
Dazu hat der OGH zunächst auf die jüngeren Entscheidungen (7 Ob 121/21a und 7 Ob 128/21f) verwiesen, worin klargestellt wurde, dass die Belehrung nach § 165a VersVG (Fassung BGBl I Nr. 2006/95) vor Abgabe der Vertragserklärung zu erteilen ist. Dies ist gegenständlich erfolgt.
Fraglich war noch, ob das Fehlen der (wiederholten) Belehrung in der Polizze, die lediglich über die Rücktrittsrechte nach § 5b VersVG und § 8 FernFinG informierte, widersprüchlich und irreführend war, was vom OGH verneint wurde. Für den durchschnittlichen, redlichen und vernünftigen Versicherungsnehmer sei nämlich klar, dass der Zugang der Polizze die Verständigung vom Zustandekommen des Versicherungsvertrages ist, womit die Rücktrittsfrist ausgelöst wurde. Das Fehlen der wiederholten Belehrung in der Polizze stellt keinen Grund dar, dass die Versicherungsnehmerin an der Ausübung des Rücktrittsrechtes gehindert wäre.
Schlussfolgerung
Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch: „Die Belehrung über das Rücktrittsrecht nach § 165a VersVG (Fassung BGBl I 2007/56) hat vor Abschluss des Vertrags zu erfolgen. Fehlt die Belehrung hingegen in der Polizze selbst, so ist dies für das Auslösen bzw. Ablaufen der Rücktrittsfrist unschädlich.“
Von Dr. Roland Weinrauch (Foto), Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte: https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Titelbild: ©Tiko – stock.adobe.com
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