Autofahrer wählen ihren Versicherungsvertrag unabhängig von Fahrverhalten und Risikobereitschaft aus. Zu diesem Fazit kommt ein Forscherteam der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien in einer aktuellen Studie. Versicherer sollten demnach Tarife individueller gestalten.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 07.02.2019
Wählen Menschen ihre Versicherungsverträge auch im Hinblick auf das eigene Fahrerprofil? Diese Fragen stellte sich Alexander Mürmann, Professor für Risk Management and Insurance an der WU, gemeinsam mit seinen Kollegen Alois Geyer und Daniela Kremslehner, in einem aktuellen Forschungsprojekt. Dabei untersuchten die Wissenschaftler detaillierte GPS-Daten von versicherten Autos und die zugehörigen Versicherungsdaten über Tarifierungsmerkmale und Schadensfälle. So konnten dann Fahrerprofile basierend auf Geschwindigkeitsüberschreitungen, gefahrene Distanz und Anzahl der Autofahrten erstellt werden. Um zu berücksichtigen, ob höher versicherte Personen möglicherweise riskanter fahren – gerade weil sie gut versichert sind, bezogen die Wissenschaftler auch Daten über lokale Wetterbedingungen und die jeweiligen Reaktionen der Fahrer ein.
Anzahl der Fahrten erhöht Unfallgefahr
Das Unfallrisiko wird nicht nur von der gefahrenen Distanz, sondern vor allem auch von der Anzahl der Fahrten beeinflusst. Wenn man mit mehreren Fahrten dieselbe Distanz zurücklegt, steigt die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls. Das lässt sich durch den Ablauf einer Autofahrt erklären, so Studienautor Mürmann: „Jede einzelne Fahrt zeichnet sich durch einen Anfang und ein Ende aus. In diesen beiden Phasen einer Fahrt beschäftigen wir uns gleichzeitig mit mehreren Dingen und sind somit weniger auf das Fahren konzentriert. Wir passen den Rückspiegel und den Sitz an, wir bedienen das Navigationsgerät, wir bringen das Auto in den Verkehrsfluss, wir suchen einen Parkplatz und sind gedanklich schon beim Zweck der Autofahrt.“
Fahrerprofil hat keinen Einfluss auf Versicherungswahl
Die Studienautoren hatten vermutet, dass Menschen mit unterschiedlichen Fahrerprofilen auch ihre Versicherungsverträge danach auswählen. Diese Annahme hat sich jedoch nicht bestätigt. Ein Grund könne laut Mürmann sein, dass wir uns hinsichtlich nicht-finanzieller und finanzieller Risiken sehr unterschiedlich verhalten. „Das heißt, wenn ich vorsichtig fahre, um Unfälle zu vermeiden, bedeutet das nicht automatisch, dass ich mich hoch versichere, um finanzielle Verluste zu vermeiden – und umgekehrt.“ Die Studie zeige das Potenzial zunehmender Datengewinnung durch Digitalisierung zum Vorteil aller Beteiligten auf. „Autofahrerinnen und Autofahrer sollten sich am Anfang und am Ende jeder Fahrt auf das Autofahren konzentrieren, um ihr Unfallrisiko zu reduzieren. Versicherungen sollten sie dahingehend beraten und Anreize setzen, indem sie individualisierter tarifieren.“
Bild: ©tournee - stock.adobe.com
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