Der sogenannte Lockdown aufgrund der Corona-Pandemie zieht wirtschaftlich massive Auswirkungen nach sich. Auch an den internationalen Börsen sind diese sichtbar. Die WU-Professoren Christian Wagner und Josef Zechner vom Institut für Finance, Banking and Insurance haben gemeinsam mit Ko-Autor Marco Pagano von der University of Naples Federico II untersucht, welche Effekte Social Distancing auf den Finanzmarkt hat. Dabei zeigt sich: Gerade jene Branchen, die direkt oder indirekt von Social Distancing betroffen sind, werden durch höhere Risikobepreisung und fallende Kurse hart getroffen.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 07.07.2020
Erhöhte Risikoprämien – auch langfristig
Die Ergebnisse machen deutlich, dass Unternehmen, die von Social Distancing stärker betroffen sind, auch von InvestorInnen als weniger krisenfest wahrgenommen werden. Dadurch wurden während der Corona-Krise vielfach Risikoprämien erhöht, gleichzeitig sanken dadurch die Aktienkurse. Besonders Unternehmen mit starkem Tourismusbezug wie Royal Caribbean Cruises, die Hotelkette Marriott oder die United Airlines waren davon stark betroffen. Unternehmen wie Microsoft und Apple, die von Social Distancing kaum negativ beeinflusst wurden, mussten zwar ebenso einen kurzfristigen Kursrückgang an der Börse verzeichnen, erholten sich allerdings rasch. „Die Prognosen deuten darauf hin, dass die erwarteten Renditen dieser Unternehmen bereits im kommenden Jahr auf das Niveau vor der COVID-19 Krise zurückkehren“, so Christian Wagner.
Niedrigere Renditen
Auch in den Renditen spiegelt sich die Risikobewertung wieder: Anfang April 2020 lag beispielsweise die erwartete Rendite von Aktien mit geringer Pandemie-Widerstandsfähigkeit – gemessen anhand der Betroffenheit von Social Distancing – wie Royal Caribbean Cruises und United Airlines bei etwa 60% bzw. 40%, während jene von Aktien mit hoher Widerstandsfähigkeit, also wenig Social Distancing-Betroffenheit, wie Apple und Microsoft zwischen 3% und 4% lagen.
Pandemiebewusstsein bereits vor der Krise
Um zu sehen, ob es auch bereits vor der Krise ein Bewusstsein für das Risiko einer Pandemie gab, bezogen die Studienautoren auch die Jahre 2014 bis 2019 in ihre Analyse mit ein. „Im Zeitraum zwischen 2014 bis 2019 sind die kumulativen Ertragsunterschiede zwischen mehr und weniger pandemieresistenten Unternehmen in etwa gleich groß wie während des Ausbruchs, d.h. zwischen Ende Februar und Anfang April 2020“, so Co-Autor Josef Zechner, „Wir gehen davon aus, dass sich die Investorinnen und Investoren der potenziellen Bedrohung durch Pandemien lange vor COVID-19 bewusst geworden sind.“
Staatliche Unterstützung für nicht-krisenfeste Unternehmen höchst riskant
Die zu erwartenden Prämien für Pandemie-Risiko sind von direkter Relevanz für die Portfolioauswahl von InvestorInnen, die Kreditvergabepolitik von Banken und die Investitionsentscheidungen von ManagerInnen. Auf den Finanzmärkten lässt sich eine Reallokation von Kapital von Unternehmen mit geringer Pandemie-Resilienz hin zu Unternehmen, die gegen Pandemien besser gerüstet sind, beobachten. Diese Reallokation, welche in ähnlicher Form auch auf dem Arbeitsmarkt zu beobachten ist, kann als Signal dafür interpretiert werden, dass ein Schrumpfen von Wirtschaftszweigen, die einem Pandemie-Risiko besonders ausgesetzt sind, erwartet wird, wodurch sich das wirtschaftliche Risiko für Unternehmen in diesen Bereichen weiter erhöht. Diese Beobachtungen sollten auch bei der Erarbeitung von Sanierungsfonds und Hilfsplänen berücksichtigt werden, insbesondere das erhöhte Risiko, welches mit einer Stützung von Unternehmen mit geringer Resilienz, wie z.B. Fluggesellschaften, verbunden ist.
Die gesamte Studie finden Sie hier
Bild: ©Photocreo Bednarek - stock.adobe.com
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