Nach einem Unfall sollte ein Gutachter feststellen, ob dauerhafte Invalidität vorliegt. Der Versicherer lehnte das jedoch ab. Der Fall ging zur Rechtsservice- und Schlichtungsstelle im Fachverband der Versicherungsmakler (RSS).
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 05.12.2019
Der mitversicherte Sohn der Antragstellerin hatte im Mai 2017 einen Unfall, bei dem er sich die Fingerkuppe des linken Mittelfingers gequetscht und abgetrennt hat. Im Juni 2018 ersuchte die Antragstellervertreterin beim Versicherer um Beauftragung eines Gutachters zur Feststellung der Unfallfolgen. Ein ärztliches Attest wurde nicht mitgesendet. Der Versicherer teilte mit, der Anspruch auf dauernde Invalidität sei grundsätzlich „innerhalb von 15 Monaten ab Unfalldatum unter Vorlage eines aktuellen ärztlichen Attestes zu stellen, aus dem die Art der Bewegungseinschränkung hervorgeht und bestätigt wird, dass eine dauernde Invalidität auf Lebenszeit besteht“. Zudem seien bei längerer Heilbehandlung immer die laufenden Befunde zu übermitteln.
„Vom Hausarzt nicht bestätigt“
Die Antragstellervertreterin antwortete: „Herr (…) hat aufgrund der erlittenen Verletzung ein Problem mit der Feinmotorik, da ja die Fingerkuppe gequetscht und nicht mehr vorhanden ist. Weiters hat er ein ständiges Kribbeln im Finger. Dies wird jedoch vom Hausarzt nicht bestätigt, daher möchten wir Sie bitten, trotz nicht vorhandenem aktuellen Befund, einen Gutachter zu beauftragen.“
Im November 2018 lehnte der Versicherer die Leistung für eine dauernde Invalidität unter Berufung auf Art 7.1. der AUVB 2008 ab. Dagegen richtet sich der Schlichtungsantrag an die RSS. Es sei dem Versicherer fristgerecht mitgeteilt worden, dass Dauerfolgen bestehen. Der Versicherer beteiligte sich nicht am Schlichtungsverfahren.
Frist und Befund
Die Schlichtungskommission führt dazu aus: Nach Art 7.1. der AUVB 2008 muss ein Anspruch auf Leistung für eine dauernde Invalidität innerhalb von 15 Monaten vom Unfalltag an gerechnet ärztlich festgestellt und geltend gemacht werden. Bei der 15-Monatsfrist handle es sich laut ständiger Rechtsprechung um eine Ausschlussfrist, bei deren – auch unverschuldeter – Versäumung der Entschädigungsanspruch des Unfallversicherten erlischt.
Die Geltendmachung der Invalidität setze nach der Bedingungslage weder die Nennung eines Invaliditätsgrades noch eines bestimmten Anspruchs voraus. Erforderlich sei die Behauptung, es sei Invalidität dem Grunde nach eingetreten und die Vorlage eines entsprechenden ärztlichen Befundes. In diesem Fall habe die Antragstellerin keinen ärztlichen Befund übermittelt, aus dem Dauerfolgen hervorgehen. Das Verlangen, dennoch einen Gutachter zur Ermittlung von Dauerfolgen zu beauftragen, sei vom Wortlaut des Art. 7.1. nicht gedeckt.
Muss Versicherer Gutachter einsetzen?
Da der Unfallversicherer wiederholt auf die Folgen der Versäumung der 15-Monats-Frist hingewiesen hat, verstoße seine Berufung auf die Verfristung des Anspruches auch nicht gegen Treu und Glauben. Dem Standpunkt der Antragstellervertreterin, dass die Versicherung alleine aufgrund der Angaben der Antragstellerin einen Gutachter entsenden müsse, sei entgegenzuhalten, dass der Versicherer einen objektiven Ansatzpunkt für die Entsendung eines Gutachters verlangen kann, zumal er die Kosten dieses Gutachters zu tragen habe. Daher war der Schlichtungsantrag abzuweisen.
Quelle: RSS/Fachverband der Versicherungsmakler
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