Eine Versicherungsnehmerin klagte nach einem Schadenfall im Zusammenhang mit einem Einbruchsdiebstahl ihren Versicherungsmakler, weil dieser ihr ein Produkt vermittelt hatte, das nicht, wie von der Klägerin gewünscht, die Bedingungen „Beraubung und Einbruchsdiebstahl oder Vandalismus im Zuge eines Einbruchsdiebstahls“ umfasste.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 16.03.2022
Eine unternehmerisch tätige Versicherungsnehmerin informierte ihren Versicherungsmakler darüber, dass sie eine Versicherungsdeckung auch für den Fall wollte, dass auf ihrem Betriebsgelände Beschädigungen im Zusammenhang mit Diebstählen oder Einbrüchen erfolgen. Daraufhin vermittelte der Versicherungsmakler der Versicherungsnehmerin eine Versicherung mit Wirksamkeit 01.01.2007. Entgegen der Vorgabe der Versicherungsnehmerin umfasste jedoch diese Versicherung nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen nicht auch Schäden durch „Beraubung und Einbruchsdiebstahl oder Vandalismus im Zuge eines Einbruchsdiebstahls“. Seit 02.03.2012 wusste die Versicherungsnehmerin Bescheid, dass die bestehende Versicherung die von ihr gewünschte Deckung von Sachbeschädigungen im Zusammenhang mit Diebstählen oder Einbrüchen nicht aufwies. Im November 2014 ereignete sich schließlich ein Schadensfall im Zusammenhang mit einem Einbruchsdiebstahl. Nachdem von der Versicherung eine Leistung zu Recht abgelehnt wurde, machte die Versicherungsnehmerin mit Klage vom 17.01.2018 Schadenersatzansprüche gegen ihren Versicherungsmakler geltend. Die Klägerin hat ihren Haftungsanspruch nicht nur auf die Verletzung von Beratungspflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss des Versicherungsvertrags, sondern auch auf eine Verletzung der Nachbetreuungspflichten des § 28 Z 7 MaklerG gestützt. Der Maklervertrag verpflichtet nämlich auch nach dem Abschluss des Versicherungsvertrags zu einem laufenden Best-Risk-Management im Interesse des Versicherungskunden.
Wie ist die Rechtslage?
Im vorliegenden Fall führte der Oberste Gerichtshof (OGH vom 18.10.2021, 7 Ob 139/21y) zunächst aus, dass die dreijährige Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche gemäß § 1489 Satz 1 ABGB mit der positiven Kenntnis der Rechtsgutverletzung (also des „Primärschadens“) sowie der schuldhaft handelnden, ersatzpflichtigen Person zu laufen beginnt. Dies auch dann, wenn der Geschädigte die Höhe seines Schadens noch nicht beziffern kann und ihm noch nicht alle Schadensfolgen bekannt bzw. diese auch noch nicht zur Gänze eingetreten sind. Auch der anspruchsbegründende Sachverhalt muss dem Geschädigten dabei nicht in allen Einzelheiten, aber doch soweit bekannt sein, dass er in der Lage ist, eine Klage mit Aussicht auf Erfolg zu führen. Mit Kenntnis des Primärschadens beginnt daher auch die Verjährungsfrist für alle voraussehbaren künftigen weiteren Teil- oder Folgeschäden. Einer drohenden Verjährung muss mit einer Feststellungsklage begegnet werden.
Im Falle einer fehlerhaften (Anlage-) Beratung liegt der Primärschaden nach der gesicherten Rechtsprechung des OGH bereits darin, dass sich das Vermögen des Anlegers wegen einer Fehlinformation des Schädigers anders zusammensetzt, als es bei pflichtgemäßem Verhalten des Beraters der Fall wäre. Der Primärschaden aus einer fehlerhaften Anlageberatung tritt also schon durch den Erwerb des in Wahrheit nicht gewollten Finanzprodukts ein.
Schlussfolgerung
Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch: „Der OGH kam daher im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass der Primärschaden mit dem Erwerb des in Wahrheit nicht in dieser Form gewollten Versicherungsprodukts (fehlende Deckung für Einbruchsdiebstähle) eingetreten ist. Nachdem die Klägerin seit 02.03.2012 gewusst hat, dass Sachbeschädigungen im Zusammenhang mit Einbruchsdiebstählen entgegen Ihrer ursprünglichen Vorgabe nicht vom Versicherungsschutz umfasst sind, war der erst 2018 mittels Klage gegen ihren Versicherungsmakler geltend gemachte Schadenersatzanspruch bereits verjährt.“
Von Dr. Roland Weinrauch (Foto), Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte: https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Titelbild: ©Studio_East – stock.adobe.com
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