Welche Rolle Nachhaltigkeit derzeit in der österreichischen Versicherungsbranche spielt, welche künftigen Entwicklungen es in diesem Bereich geben wird und welche Herausforderungen auf die Versicherer zukommen werden, darüber spricht Mag. Christian Eltner, Generalsekretär des Verbandes der Versicherungsunternehmen.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 31.07.2024
Mag. Christian Eltner, Generalsekretär des Verbandes der Versicherungsunternehmen
Mag. Christian Eltner erklärt, dass Nachhaltigkeit im Versicherungsbereich durch den komplexen ESG-Regulierungsrahmen des EU-Green Deals definiert wird: „Versicherungsunternehmen bieten seit Generationen nachhaltige Dienstleistungen für ihre Kunden und die Gesellschaft an, um langfristige Risiken kalkulierbar zu machen und Werte für Generationen zu schaffen. Um dies erfolgreich umzusetzen, müssen Versicherer in ihren täglichen betriebswirtschaftlichen Entscheidungen (z.B. bei der Entwicklung von Vorsorgeprodukten, Veranlagungsstrategien, Kalkulation von Naturkatastrophenrisiken etc.) immer die Anpassung an langfristige Entwicklungen einbeziehen. Deshalb liegt ein nachhaltiges Wirtschaften in der DNA des Geschäftsmodells. Man könnte auch sagen, dass der Versicherungswirtschaft in der Volkswirtschaft folgerichtig die Rolle eines Stabilisierungsfaktors zukommt. Die Resilienz des Versicherungssektors in den vergangenen Krisen hat dies eindrücklich veranschaulicht. Ich glaube, wir sollten uns als Branche nicht scheuen, dieses Selbstverständnis – das auch ein Alleinstellungsmerkmal der Versicherungswirtschaft ist – klar zu kommunizieren.“
ESG-Regulierung und ihre Auswirkungen auf Versicherer
Für Eltner sei Nachhaltigkeit ein fundamentales Element der österreichischen Versicherungsbranche. So haben Versicherungsunternehmen in den letzten Jahren laut Eltner erhebliche Anstrengungen unternommen, um die regulatorischen Anforderungen der ESG-Agenda umzusetzen. „Das Thema ESG-Regulierung ist gekommen, um zu bleiben. Es wird die Unternehmen auch in den kommenden Jahren intensiv beschäftigen. Es ist davon auszugehen, dass die Auswirkungen auf die Unternehmen analog zu den regulatorischen Umsetzungsfristen noch weiter zunehmen werden. Wie wir schon jetzt sehen, sind davon auch horizontal fast alle Unternehmensbereiche erfasst, was wiederum Herausforderungen für die internen Organisationsprozesse mit sich bringt“, so Eltner,
Die Gesetzgebung wieder müsse sich laut Eltner auf die Umsetzung und Konsolidierung des bestehenden Rahmens konzentrieren und Klarheit sowie Praxistauglichkeit bieten: „Hier besteht noch dringender Bedarf für Nachjustierungen, die aber nicht dazu führen dürfen, dass schlussendlich noch mehr Regulierungsvorgaben auf die Unternehmen zukommen. Der Ankündigung der EU-Kommission, die Berichtspflichten für Unternehmen um 25% reduzieren zu wollen, müssen auch messbare Taten folgen. Die europäische Versicherungswirtschaft hat hier auch im ESG-Bereich konkrete Verbesserungsvorschläge vorgelegt.“
VVO-Strategien zur Förderung der Nachhaltigkeit: Initiativen und Zukunftsperspektiven
Der VVO setzt sich laut Eltner intensiv für Nachhaltigkeit ein und unterstützt seine Mitglieder vor allem im Bereich der ESG-Legislativprozesse. Der Verband bietet eine Plattform für Fragen zur Umsetzung und fungiert als Schnittstelle zu Regulatoren auf europäischer und nationaler Ebene. Zudem kommuniziert der VVO, was die Branche gemeinsam leistet und welchen gesellschaftlichen Mehrwert sie bietet. „Ein nächster Schritt wird auch hier die Umsetzung der CSRD sein, die es erlauben wird, in der Nachhaltigkeitsberichterstattung methodisch vergleichbare KPIs für die Branche zu generieren. Einen besonderen Schwerpunkt werden wir als Verband weiterhin auf die Bereiche Private Vorsorge, Prävention und Versicherungslösungen für Naturkatastrophenrisiken legen, wo wir eine Vielzahl an konkreten Initiativen und Lösungsvorschlägen anbieten“, informiert Eltner.
Wie Klimaschutz und Profitabilität unter einen Hut passen
Christian Eltner ist überzeugt, dass Klimaschutz und Profitabilität eng miteinander verbunden sind. So beeinflussen steigende Risiken durch Naturkatastrophen direkt die Schadenquoten und Profitabilität der Versicherer. „Wir beobachten über die letzten Jahre sowohl global als auch in Österreich steigende Schadensummen durch Extremwetterereignisse. Deshalb ist es im ureigenen Interesse der Versicherer, mit einem langfristigen Geschäftsmodell das Thema Klimaschutz proaktiv anzugehen. Entsprechende Schwerpunkte der Aufsichtsbehörden (u.a. mit spezifischen Stresstests) dokumentieren diesen Anpassungsprozess im Risikomanagement“, erklärt Eltner.
Gleichzeitig müsse laut Eltner jedoch die Wettbewerbsfähigkeit gewahrt bleiben. Hohe Kosten durch ESG-Regulierungen dürfen nicht zulasten der Kunden gehen, so Eltner, weshalb das Thema Wettbewerbsfähigkeit zunehmend politische Aufmerksamkeit erhält: „Der Finanzierungsbedarf für die EU-Transformationsagenda ist enorm und durch öffentliche Mittel alleine nicht zu stemmen. Die Versicherungswirtschaft kann in ihrer Rolle als strategischer Investor einen Beitrag leisten. Dies muss jedoch durch einen angepassten Regulierungsrahmen ermöglicht werden. Der Solvency II Review hat diesbezüglich bereits erste positive Änderungen geschaffen. Dieser geäußerte politische Wille muss nun aber auch auf technischer Ebene umgesetzt werden.“
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