zurück zur Übersicht

Beitrag speichern

Warum generative KI relevant für Investmentmanager ist

(Bild: © silvabom - stock.adobe.com)

Warum generative KI relevant für Investmentmanager ist

03. November 2023

|

7 Min. Lesezeit

|

Recht & Wissen

KI ist spätestens seit ChatGPT in aller Munde. Da gibt es die urheberrechtlichen Fragestellungen bei von KI generierten Texten oder die Beeinflussung verschiedener Berufsbilder durch KI. Und auch die Investmentbranche bleibt von dem Diskurs darum nicht verschont.

Nach Jahren des Umsatz- und Gewinnwachstums rücken Kosten für Asset-Manager wieder in den Fokus. Die Operating Expenses per Assets under Management sind derzeit auf dem höchsten Stand seit 2018 und bei einer nach wie vor hohen Inflationsrate von über 6% ist ein weiteres, überproportionales Wachstum der Kosten zu erwarten. Gleichzeitig nimmt der Kampf um Talente in einer alternden deutschen Bevölkerung weiterhin zu.

Trotz des Kosten- und Personaldrucks gilt es, neue Anlageideen zu generieren, die sich in einem immer stärker werdenden Wettbewerb behaupten können. Mithilfe von generativer KI wollen Asset-Manager diesen Punkten nun entgegenwirken.

Wofür „GPT“ steht:

  • G wie Generative: Sprache (als auch Code, Bilder, Testdaten etc.) durch ein nuanciertes Verständnis generieren oder zusammenfassen können
  • P wie Pre-trained: vortrainiert, d. h. mitgegebenes Verständnis von Inhalten in sehr vielen Themenfeldern. In der Vergangenheit mussten Modelle sehr aufwendig in Supervised Learning, also mit Feedbackschleife, trainiert werden.
  • T wie Transformer: Die vorherrschende Architekturform für Large-Language-Models (LLMs)

Wo generative KI zukünftig eingesetzt werden kann

Generative KI kann entlang der gesamten Asset-Management-Wertschöpfungskette eingesetzt werden. Dabei beschränken sich die Möglichkeiten nicht nur auf Effizienzsteigerungen, auch zur Umsatzsteigerung und Qualitätssicherung ist KI einsetzbar.

Sales und Marketing

Besonders größere Häuser haben in den letzten Jahren bereits sehr viel in den Ausbau digitaler O Kanäle sowie zum Teil auch in Chatbots mit Personalisierung investiert. Durch den Einsatz von ChatGPT, aber auch BloombergGPT, FinGPT und anderen Large-Language-­Modellen (LLMs) lässt sich die Funktionalität nochmals wesentlich erweitern. Die Modelle sind bereits in der Lage, Finanzzahlen zu erkennen und auf ein umfangreiches Finanzwissen zurückzugreifen. Als nächste Ausbaustufe in diesem Bereich sind personalisierte Empfehlungen und Ideen bereits absehbar.

Ähnliches gilt für die Erschaffung neuer Produkte, die Fähigkeit, Trends zu erkennen, und unter Umständen auch das Etablieren neuer Investmentregeln/Faktoren wie z. B. für Smart-Beta-ETFs.

Schon seit vielen Jahren wird KI im Bereich Market Research, also z. B. bei der Analyse von Nachrichten und sozialen Medien in Echtzeit bei der sogenannten Sentiment-Analyse angewendet. Auch wenn die Verwendung von reinen GPT-Modellen hier (noch) nicht relevant ist – momentan haben sie noch keinen Anschluss an aktuelle Daten, da die Modelle auf Basis von Datenreihen trainiert wurden, die 2021 enden –, so kann man sich durchaus hybride Lösungen vorstellen, die das in Zukunft leisten können. Im Bereich Hedge Funds und im Bereich Algorithmic Trading gibt es bereits seit Jahren voll automatisierte, teilweise auf KI basierende Handelssysteme auf spezielle Einzelwerte oder für Nischenmärkte (Arbitrage etc.). Insofern ist es eine Frage der Zeit, bis die Automatisierung hier weiter fortschreitet.

Auch im Bereich Simulation/Optimierung wird schon seit Jahren KI eingesetzt, um die Anzahl der Szenarien zu erweitern und Muster zu erkennen. Diese wurden in der Vergangenheit hauptsächlich auf maschinellem Lernen und strukturierten Daten basierend durchgeführt. Die Verfügbarkeit von LLMs gibt nun die Möglichkeit, relativ einfach große unstrukturierte Datenmengen/Sprache/News miteinzubeziehen.

Operations

Im Bereich Operations wurde in den letzten Jahren hauptsächlich in Robotic Process Automation (RPA) investiert. In Teilen lag der Fokus aber auch schon auf Intelligent Process Automation (IPA) unter Einbeziehung von künstlicher Intelligenz. Hinzu kamen Anwendungen aus dem Bereich Natural Language Generation (NLG), die z. B. Texte zusammenfassen oder Reports aufgrund einer sehr flexiblen Anzahl von Markt-/Dateninputs generieren konnten.

Diese Möglichkeiten werden durch die Anwendung von LLMs deutlich erweitert, sodass die Texte immer schwerer von menschlichen Texten zu unterscheiden sind.

Know Your Customer war in den letzten Jahren ein weiteres großes Betätigungsfeld für KI. Durch die Verwendung von hausinternen LLMs lassen sich Enhanced-Due-­Diligence-Prozesse nochmals wesentlich beschleunigen. Grund dafür ist unter anderem die Verbesserung der Genauigkeit durch Einbeziehung von in- und externen Daten.

IT

Eine der Voraussetzungen für den Einsatz von skalierbarer KI, insbesondere von eigenen Large-Language-Modellen, ist eine moderne Big-Data-Infrastruktur. In den letzten Jahren hat sich der Bereich IT mit dem Einsatz von KI-Lösungen zu Server/Cloud/Cybersicherheitsoptimierung stark entwickelt. Zusätzliche Anwendungsmöglichkeiten für GPT finden sich im Bereich Softwareentwicklung (Wissenstransfer, Beschleunigung der eigentlichen Entwicklung durch Lösungen wie Copilot etc.).

Business Management und Support

Besonders im Bereich Virtual Onboarding Assistant lässt sich das enorme Wissen von GPT ideal mit dem firmeneigenen Wissen verbinden. KI ist auch dafür bekannt, Muster in großen Datenmengen zu erkennen. Im Business Management und Support wird KI vor allem in den Bereichen Risikomanagement und Qualitätssicherung genutzt.

Fazit und Ausblick

Generative KI bietet erhebliches Einsparpotenzial für die Branche entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Konservativ geschätzt lassen sich je nach Asset-Manager ein bis zu sechs Basispunkte durch generative KI einsparen, was der deutschen Asset-­Management-Branche 500 Mio. bis 1 Mrd. Euro an jährlichen Kosteneinsparungen ermöglicht.

Trotzdem gilt es abzuwägen, wo generative KI im Asset-Management eingesetzt werden kann. Zwar ist es eine verlockende Vorstellung, generative KI für vollautomatisierte Anlageentscheidungen zu nutzen. Die Beschränkung der jetzigen GPT-Modelle, die mit über einem Jahr alten Daten „trainiert“ wurden und mangelnde Transparenz vorweisen (Audit, Rückverfolgbarkeit), sprechen bis auf Weiteres dagegen.

Daher eignet es sich aus Compliance- und Reputationsgründen kaum für das Treffen von Anlageentscheidungen.

Trotzdem: Die Dynamik der letzten Monate hat deutlich gezeigt, dass die Entwicklung im Bereich LLMs in zwei Hauptrichtungen geht: zum einen die Veröffentlichung von kommerziellen Modellen mit immer mehr Parametern, zum anderen wesentlich kleinere, auf spezielle Themenfelder angepasste Open-Source-Modelle. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis hier sehr starke Hybridmodelle entstehen werden, die mehr Transparenz bieten können. Es bleibt spannend!

Warum generative KI relevant für Investmentmanager ist

Ein Artikel von Michael Berns, Director AI & FinTech bei PwC Deutschland Bild: rechts), und Dr. Utz Helmuth, Managing Director, AM Leader bei Strategy& (Bild: links)

zurück zur Übersicht

Beitrag speichern

sharing is caring

Das könnte Sie auch interessieren


Ihnen gefällt dieser Beitrag?

Dann hinterlassen Sie uns einen Kommentar!

(Klicken um Kommentar zu verfassen)