In vielen langfristigen Lebensversicherungen hat der Bezugsberechtigte das Recht, anstelle der Auszahlung von Versicherungssumme und Gewinnbeteiligung die Zahlung einer lebenslänglichen Rente zu verlangen. Diese sinnvolle Wahlmöglichkeit vor allem bei einer Altersvorsorge missfällt den Konsumentenvertretern, wobei der OGH aber in 7 Ob 153/22h vom 13.12.2022 zumindest eine Hintertür öffnet.
Artikel von:
Dr. Wolfgang Reisinger
Lektor WU Wien und der Donau-Universität Krems
Der Versicherer übermittelt jenen Kunden, deren Verträge die Option auf Rentenleistung enthalten, zum Ende der Vertragslaufzeit einen „Änderungsvorschlag für eine Sofortrente gegen Einmalprämie“ zur Ausübung des Rentenwahlrechtes. Der VKI begehrt unter anderem, dem Versicherer als unzulässige Geschäftspraxis zu verbieten, mit Verbrauchern nach Fälligkeit des Kapitals aus der Kapitalversicherung über die Rentenauszahlung einen neuen Vertrag bzw. Änderungsvertrag auf Basis eines Angebotes zu schließen, welches der Versicherer nach seinem eigenen Ermessen gestaltet, obwohl der VN das Recht habe, einen solchen Vertrag einseitig zustande zu bringen.
Entscheidungsgründe
Mit dem Rentenwahlrecht verbunden ist der vollkommene oder teilweise Verzicht des Versicherers auf eine erneute Belastung des Versicherungsvertrages mit Abschlusskosten für die Rentenleistung. Zudem soll mit dem Rentenwahlrecht der Anfall neuerlicher Versicherungssteuer vermieden werden. Das Rentenwahlrecht bedeutet damit bei kapitalbildenden Lebensversicherungen, dass der VN anstelle einer einmaligen Kapitalleistung eine Auszahlung in Form einer regelmäßigen Rente wählen kann. Entgegen der Ansicht des Klägers verlangt die Beklagte mit dem Änderungsvorschlag nicht den Abschluss eines neuen Rentenversicherungsvertrages. Das widerspräche gerade einem Grundelement für das zu beurteilende Rentenwahlrecht, anstelle der Kapitalauszahlung und kostenträchtigem Neuabschluss (insbesondere neuer Versicherungssteuer) mittels desselben Vertrages die Kapital- in eine Rentenleistung überzuführen. Vielmehr handelt es sich bei der Vereinbarung über eine Rentenleistung um eine Vertragsänderung. Es kann nicht erkannt werden, warum die Formulierung „Änderungsvorschlag für eine Sofortrente gegen Einmalprämie“ der Klauselkontrolle nicht standhalten soll. Die Unbestimmtheit der Rentenhöhe aufgrund der seinerzeitigen Vertragslage erfordert eine – von beidseitigem Konsens getragene – spätere Einigung. Warum eine solche Vereinbarung nicht durch ein diesbezügliches Angebot der Beklagten zustande kommen darf, ist nicht erkennbar.
Kommentar
Mit derselben Thematik hat sich der OGH bereits in 7 Ob 160/20h und 7 Ob 97/22y auseinandergesetzt. Dort wurden ähnliche Klauseln vom VKI in Bausch und Boden bekämpft und vom OGH als intransparent gestrichen. Die Umwandlung eines Kapitalbetrags in eine Rente ist kein versicherungsmathematisches Geheimnis, sondern hängt lediglich von der Lebenserwartung und vom Zinsfuß ab. Da Transparenz einer Vertragsbestimmung allerdings bereits beim Abschluss gegeben sein muss, aber Lebensversicherungsverträge oft sehr langlebig sind, kann zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags weder die Lebenserwartung noch der Zinsfuß verlässlich vorhergesagt werden. Nach heftiger Kritik in der Literatur (insbesondere Perner/Spitzer in VersRdSch 2021/7–8 und Schauer in ZVers 2022, 1 ff) erachtet der OGH nun die mangelnde Bestimmtheit der Rentenhöhe zwar noch immer als intransparent, lässt aber wenigstens das Wahlrecht als solches zu. Diesbezüglich ist der VKI eindeutig über das Ziel hinausgeschossen und es wird eine kundenfreundliche Lösung möglich.
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